Mareike Wiening Quintet | 31.01.2020

Donaukurier | Karl Leitner
 

Jazz-Schlagzeugerinnen, die zugleich auch noch als Komponistinnen und Bandleaderinnen tätig sind, sind rar. Cindy Blackman, Terry Lynne Carrington, Eva Klesse – damit hat es sich auch schon. Nicht ganz, denn es gibt da noch Mareike Wiening. Die gebürtige Erlangerin, die nach zweijährigem Aufenthalt in New York dort die höheren Weihen empfangen, gerade eben ihr von der Kritik hoch gelobtes Debutalbum „Metropolis Paradise“ herausgegeben hat und mit ihm im Gepäck auf Tour ist, ist zu Gast im Birdland Jazzclub in Neuburg.

Mitgebracht hat sie ihre New Yorker Band mit Rich Perry am Tenorsaxofon, Billy Test am Klavier, Johannes Felscher am Kontrabass und Alex Goodman an der Gitarre sowie ein knappes Dutzend ihrer Stücke von der CD oder sogar noch neueren Datums. Mit ihr am Schlagzeug steht ein hervorragend eingespieltes Quintett auf der Bühne, das glänzend harmoniert und die bisweilen durchaus recht verzwickten Wiening-Kompositionen locker und souverän in die Live-Situation überträgt.

Die junge Drummerin sorgt für elastische Grooves und entspannten Flow. Sie ist eine ungemein mannschaftsdienliche Impulsgeberin, stets präsent, aber nie sich in den Vordergrund drängend. Mit welch selbstverständlicher Eleganz sie auch höchst anspruchsvolle Schlagkombinationen aus dem Handgelenk schüttelt, ist in der Tat mehr als beeindruckend. Dass sie für sich selbst lediglich ein einziges Solo während des ganzen Abends vorgesehen hat, ist bezeichnend. Hier ist eine Musikerin, die sich nicht beweisen muss, wie gut sie doch ist, nein, sie weiß es, und alle, die ihr auch nur fünf Minuten zusehen und zuhören, wissen es auch.

Jede Nummer hat ihren eigenen Charakter. Es gibt „Free Time“ im ECM-Sound, es gibt die BeBop-Nummer „Rich Changes“, es gibt das fließende „El Escorial“, das polyrhythmische „Misconception“ und das liedhafte „For A Good Day“. Um was es sich auch handelt, die Band ist immer im Bilde. Gitarrist Alex Goodman, neben Wiening der auffälligste Akteur des Abends, lässt die Töne, dem frühen Pat Metheny nicht ganz unähnlich, in leicht verhallter Form in den Raum purzeln, Billy Test geht von klaren Linien aus und entwickelt daraus Spannungsbögen, die sich in übermütigen Tonkaskaden entladen, Johannes Felscher schlägt die Pflöcke ein, auf denen das gesamte Fundament ruht und Rich Perry konzentriert sich mit seinem spröden, aber sehr intensiven und gefühlvollen Ton ganz bewusst aufs Wesentliche.

Selten vergehen 100 Konzertminuten im Birdland so schnell wie an diesem Abend, denn mit jedem Takt gibt es Neues zu entdecken, ständig gilt es, die sich immer wieder verwischenden Nahtstellen zwischen ausnotierten und improvisierten Sequenzen zu verfolgen und natürlich die Bandleaderin selbst bei ihrem Tun zu beobachten, um ihr am Ende zu bescheinigen, dass sie es bereits in jungen Jahren zu echter Meisterschaft gebracht hat.