Marc Ducret Trio | 30.01.2010

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Knallig grelle Stromgitarrenmusik von der anderen Saite der Straße: So gab’s das noch nicht im Birdland Jazzclub im beschaulichen Neuburg an der Donau. Nichts für locker wippende Fußspitzen! Hier spielt die harte Kante, sind gute Nerven gefragt. Man war schließlich gewarnt worden: Das Marc Ducret Trio ist nichts für Mainstream- oder Oldtime-Fans. Dafür umso mehr für offene Ohren.

Der erste Song richtet sich an und gegen Nicolas Sarkozy, hart, laut, aggressiv, aktuell. Da mischen sich Hardrock- und Psychedelic-Klänge mit Funk betontem Groove und Blues in offener Struktur. Schier unerhörte Harmonien in geradezu unglaublicher Virtuosität prasseln auf die Zuhörer ein. Marc Ducret, Aushängeschild der französischen Gitarrenavantgarde, Bruno Chevillon am Bass und Éric Echampard am Schlagzeug vermessen die Welt des zeitgenössischen Gitarrentrios, Chevillon mit gelenkigem Gestus und knackig (g)rollendem Sound, Echampard mit volltönenden Tom-Toms wie weiland Ron Bushy von Iron Butterfly im legendären Solo, Ducret mit Starkstrom, Action und wilder Verrenkung harmonischer Vorgaben und Hörgewohnheiten.

Nicht dass es nur laut gewesen wäre, – Übrigens auch nur relativ, jede Tanzband brettert heutzutage mehr Dezibel von der Bühne! – zwischendrin schaltet Ducret den Verstärker fast weg, spielt hypnotisch leise, lässt Chevillon Raum für singendes con arco Spiel von zarter Schönheit. Immer wieder wechseln solch leise Phasen, in denen die Avantgarde der neuen Musik einlädt zu meditativem Sirenengesang, mit abrupt explodierenden Kaskaden wilder Spiellust, in denen die Gitarre prickelt, zwitschert, perlt, kracht, raunt, rennt und brennt.

Ducret zupft mal mit Plektrum, mal mit dem Daumen, schlägt mit der flachen Hand auf die Saiten oder spielt mit den Reglern. Der Sound reicht von makellos perlender Halbakustik bis hin zur noisy verzerrten Stromgitarre. Schräg und stürmisch, nie jedoch brachial, immer überlegt, differenziert, intelligent dringt die Musik in Galaxien vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat. Ein bisschen schaut immer die Jimi Hendrix Experience über die Schulter, vier Jahrzehnte später, Lichtjahre weiter!

Wir schreiben das Jahr 2010. Manche Unisoni könnten – anders instrumentiert – aus der hohen Zeit des Bebop stammen mit eigenwilligen Breaks und Riffs, manche Passagen aus einem Pink Floyd Album der 70er oder aus dem Progressive Rock King Krimsons, andere aus dem Jahr 2030. Ein Abend jenseits der üblichen Verdächtigen. Gut so! Denn Jazz ist, wenn’s spannend bleibt.