Marc Copland Trio | 01.12.2000

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Die Grenzen zwischen E- und U-Musik gelten schon lange nicht mehr, neue Musik und Jazz verschmelzen mehr und mehr jenseits aller Schubladen zu einer beiderseits gültigen und geachteten Grundsubstanz, aus der völlig gleichberechtigte musikalische Optionen und Möglichkeiten extrahiert werden. Solches gilt zumindest für das Marc Copland Trio, dessen hermetisch elegische Seelenwanderungen und dicht verschachtelte Klangkaskaden im Neuburger Birdland den höchsten musikalischen Ansprüchen genügten, ohne dabei zu verkopfen. Leicht machen die Drei es den Zuhörern nicht. Aus zunächst amorph erscheinenden Gebilden schälen sich erst allmählich die Strukturen heraus, nehmen langsam Gestalt an, behutsam geformt mit sachten Bewegungen und sorgsamem Bedacht. Die introvertierte Ernsthaftigkeit verortet sich unverkennbar in der Tradition des ersten Bill Evans Trios – nicht von ungefähr beginnt das Konzert mit dessen „My Foolish Heart“.

Marc Copland ist friedfertig, bescheiden, verletzlich – ganz das Gegenteil der Leitbilder und Leitwölfe. Das kann nur einer sein und durchhalten, der Substanz hat und innere Kraft. Copland taucht tief hinein ins Geheimnis der menschlichen Seele, forscht in ihren Schrunden und Gründen, fördert Dunkles zu Tage aus dem „Dark Territory“, aber auch Lichtes; Freude, Qual und das ewige Rätsel von Werden und Vergehen: „Autumn Leaves“ und „Bewitched, Bothered And Bewildered“ werden zu fragenden, staunenden, bejahenden kleinen Wunderwerken aus lauter Sternenstaub. Dann wieder diese Klangkaskaden, die selbst den Neuburger Nebel zu zerstäuben im Stande sind, ihn in die Spektralfarben zerlegen, von impressionistischem Pastell jäh hinüber wechseln in expressionistische Farbenpracht.

Mit Peter Herbert am Bass und Jochen Rückert am Schlagzeug erweitert sich die Art of Piano zur Art of the Trio. Herbert entlockt den vier Saiten seines Instruments kräftig changierende Klangfarben, kombiniert Slaps, perkussive Momente, Akkorde und Flagoletttöne zu einer eindrucksvollen bassistischen Melange. Jochen Rückert baut aus kleinen rhythmischen Figurinen komplexe Gesamtformen, türmt sie auf zu grandiosen Sandburgen, zerreibt und zerrieselt sie wieder, beginnt von Neuem, formt, klopft, sinnt, plant, baut weiter und weiter mit hypnotischer Kraft.

Es war ein Konzert das zeigte, wie die Kunst des Pianotrios lyrisch, zart und nachdrücklich zugleich ins dritte Jahrtausend getragen werden kann.