Marc Copland – Gary Peacock | 07.05.2005

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Wie von selbst verstand es sich: Hier geht es um genaues konzentriertes Zuhören. Eine Atmosphäre wie in einem klassischen Konzert musste gar nicht erst angemahnt werden im Birdland Jazzclub beim Auftritt von Marc Copland und Gary Peacock, einem Duo, das in Punkto kammermusikalische Improvisation derzeit die Maßstäbe setzt.

Duo, das ist vielleicht die schwierigste musikalische Kommunikationsform überhaupt, Aug‘ in Aug‘ und Ohr an Ohr. Da geht es um die genaue Balance von Aktion und Reaktion, von Rede und Antwort, Dialog und Dialektik, Freiheit und Bindung, Kongruenz und Profil. Große Fußstapfen sind gesetzt in der Kombination von Piano und Kontrabass: Duke Ellington und Jimmy Blanton, Bill Evans und Eddie Gomez. Glück haben die Zeitgenossen, dass sich mit Marc Copland und Gary Peacock wiederum zwei kommunikationsmächtige Musiker zusammengefunden haben, die in solchen Fußstapfen bestehen und deren Spur weiterführen können. Glück hat, wer bei solch seltener musikalischer Sternstunde Zeuge sein darf. Die Chemie stimmt einfach bei diesen beiden Ausnahmekünstlern, die beide von eher introvertiertem Charakter sind, beide einen höchst individuellen Zugang zur Musik pflegen, dabei gleichzeitig – das in all ihren Projekten – äußerst konzentriert achten auf das gemeinsame Tun und die Gemeinsamkeit des Tuns.

Mit minimalen Vorgaben lassen sie sich auf den Augenblick ein in ausgeprägtem Vertrauen auf die Möglichkeiten des gemeinschaftlichen Weges. Der lebt naturgemäß nicht einfach nur von Friede, Freude, Eierkuchen, sondern bei aller meditativ-lyrischen Grundausrichtung auch von Spannung und Neugier, Bewegung und Verharren, Anregung und Anfrage. Dabei offenbaren beide einen freien Geist, erfrischende Offenheit, einen Blick für’s Land hinter dem Horizont und sei es das sagenumwobene Utopia, dessen Küstenlinie zumindest als Hauch über der Sichtlinie zu schweben scheint an diesem außergewöhnlichen Abend im Neuburger Birdland.