Mallets & Strings | 16.05.2025

Neuburger Rundschau | Peter Abspacher
 

Bernhard Reitberger ist im Kellergewölbe unter der früheren Hofapotheke ein alter Bekannter, schon weil er einst Mitglied der Birdland Swing Band war. Der Neuburger Vibrafon-Virtuose tritt aber immer wieder im neuen musikalischen Gewand auf. Er spielt mit seinen Bands in nicht einfach seine Lieblingssongs oder die des Publikums. Reitbergers Programme wollen mit bisher so nicht Gehörten überraschen – und auch mit einer jeweils neuen Instrumentalbesetzung.

Diesmal war diese Art der variabler Jazz-Kultur besonders ausgeprägt. Kein Blasinstrument auf der Bühne, kein Saxofon, keine Trompete, keine Posaune oder Klarinette. Das Vibrafon als gesetzte Klangbasis bekam Gesellschaft von einer Geige, einer Gitarre – also zwei Saiten-Instrumenten – und dazu Bass und drums. Diese beiden freilich in einer Funktion, die man als doppeltes oder auch geteiltes Schlagzeug verstehen kann. Heraus kam an diesem Abend ein Sound der samtenen, weichen und doch auch kraftvollen Sorte.

Vibrafon, Violine und halbakustische Gitarre, das sind musikalische Farben mit sehr verschiedenen Arten von Vibrato und Nachhall. Die drei könnten sich also durchaus ein wenig in die Quere kommen. Was Bernhard Reitberger (Vibrafon), Veronika Schnattinger (Geige) und Jonas Meier an der Gitarre im Zusammenklang dieser drei Melodie-Träger zu bieten hatten, war aber von seltener Qualität. Das Trio entwickeln einen dichten Gesamtklang, perfekt ausgewogen in den Unisono-Passagen und mit klug aufeinander bezogenen Solospiel,

Bass (Alexander Fuchs) und Schlagzeug (Joachim Holzhauser) steuern ein feines Rhythmus-Fundament bei, mit lächelnd wie nebenbei eingestreuten Soli. Das Quintett zelebriert Klanggemälde aus expressiven, aber nie grellen Farbtönen. Diese Art Jazzmusik packt den Zuhörer nicht sofort. Dazu ist sie zu komplex, sie entfaltet ihre Faszination erst allmählich, zieht das Publikum dann aber in ihre ganz eigene musikalische Welt hinein. In diesem Kosmos geht es nicht um den Effekt für den einzelnen Musiker, sondern um die optimale Wirkung der Musik.

Und zwar auf eine von Song zu Song neue, gelegentlich überraschende Weise. Veronika Schnattinger lässt mit der Geige die dunkleren, warmen Klangfarben aufblühen, ihr Instrument wirkt an manchen Stellen fast wie ein Tenorsaxofon oder eine Klarinette. Ihr Vibrato und auch die Intensität der Lagenwechsel verstärken dieses raffinierte Element, ohne auf Effekthascherei auszugehen. Der Gitarrist Jonas Meier reizt die schärferen Möglichkeiten seines Instruments gelegentlich lustvoll aus, zum Beispiel im Song „Crazy Rhythm“. Aber er driftet nicht in die exzessive Selbstdarstellung mancher „Stars“ der E-Gitarrenszene ab.

Und Bernhard Reitberger hat über den ganzen Abend hinweg mehr als genug Möglichkeiten, seine musikalische und virtuose Qualität in allen Schattierungen aufscheinen zu lassen. Am schönsten vielleicht im dem Experimentier-Stück „Sweet Rain“ oder im Django-Reinhard-Song „Daphne“. Da sind die fünf Jazzer auf der kleinen Birdland-Bühne ganz groß.h