Malia | 11.04.2003

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

A Star is born, verheißt der ausliegende Flyer der Plattenfirma. Malia sei die neue Diva zwischen Jazz, Soul und Bossa. Frankreichs große Tageszeitung „Le Parisien“ wird zitiert mit den Worten: „Fast zu schön um wahr zu sein.“ Die Realität ist ein Stück banaler. Malia präsentierte sich im Birdland Jazzclub als talentierte Sängerin, die möglicherweise am Beginn einer bemerkenswerten Karriere steht. Dazu müssen die entsprechenden Weichenstellungen aber erst noch gelingen.

Die junge Dame aus Malawi, in London aufgewachsen und nun musikalisch in Frankreich ansässig geworden, kombiniert Pop, Funk, Nujazz, Tradition und Songwriting zu einer letztlich reichlich poplastigen Mischung, die mit Jazz nur mehr am Rande zu tun hat. Malia verfügt, das lässt sich ohne Zweifel festhalten, über eine wirklich gute charaktervolle Stimme, eine deutlich vom Jazz inspirierte Phrasierung und eine sympathische Bühnenpräsenz, die ihre Lieder authentisch und ungekünstelt darbietet. Die Tour-Band mit dem Produzenten und Komponisten André Manoukian am Fender Rhodes, Julien Feltin an der Gitarre, Philippe Bussonnet am E-Bass und Maxime Zampieri am Schlagzeug setzt unaufdringliche und – im Vergleich zu Malias Debutalbum – erfreulich akustische Akzente. Dass man damit Erfolg haben kann, haben Norah Jones acht Grammies kürzlich zur Genüge bewiesen. Malias Begleiter verzichten allerdings – auch das im Gegensatz zum Album – weitgehend auf jazzige Elemente. Duke Ellingtons „Solitude“ wirkt mit der Lagerfeuerbegleitung von Feltins Gitarre zu naiv als dass es die ambivalente Verletzlichkeit von Malias erklärtem Vorbild Billie Holiday vergegenwärtigen könnte. Die stille Tiefe von Henry Mancinis „Moon River“ wird durch die mystischen Gitarrenklänge und -loops eher verdeckt als erschlossen. Dennoch: Wenn die Jazzpolizei ein Auge zudrückt, kann sie der jungen Sängerin und ihren Kombattanten eine möglicherweise durchaus zukunftsträchtige Wanderung zwischen den Stilen zutrauen, die ein ansonsten eher jazzfremdes Publikum zumindest in die Nähe der improvisierten Musik locken mag. Ob allerdings ein neuer Star geboren wurde, wie die Plattenfirma mit Verweis auf einen „skandalumwitterten“ Videoclip unterstreichen möchte, in dem Malia „nackt durch die Straßen Kapstadts läuft“, wird die Zeit zeigen. Malia wird sich entscheiden müssen, ob sie dem schnelllebigen Erfolg im Popgeschäft mehr zutraut als einer soliden Karriere als Jazzsängerin. Das Zeug zu Letzterem hat sie zweifelsohne. Und im Birdland trat sie ganz ohne „purple shoes“ in Jeans und züchtigem Pullover auf.