Maik Krahl Quartet | 23.10.2020

Donaukurier | Karl Leitner
 

Der Trompeter Maik Krahl zündet die zweite Stufe auf dem Weg an die Spitze. Die erste hieß „Decidophobia“, kam 2018 auf den Markt, enthielt sieben eigene Stücke und veranlasste seinen berühmten Kollegen Till Brönner zu der Feststellung, Krahl stünde in der Riege deutscher Jazztrompeter seiner Generation ganz vorne. Mit dem Nachfolger, dem brandneuen Album „Fraction“, ist er nun zu Gast beim 10. Birdland Radio Jazz Festival.

„At First Sight“ heißt eine der neuen Kompositionen, was mit „Auf den ersten Blick“ zu übersetzen wäre. Dass beim ersten Aufeinandertreffen zweier Menschen sofort die Funken fliegen, mag vorkommen. Erstaunlich ist, dass Ähnliches offensichtlich auch gilt, wenn man sich zum ersten Mal einer Band gegenübersieht und sofort schwer von ihr beeindruckt ist. Warum ist das im Falle des Maik Krahl Quartetts so?

Zuerst liegt es natürlich an der Musik, an Stücken wie dem suitenartig angelegten „Tangent To Tango“ gleich zu Beginn, dem lässig-charmanten „Big Adventures Of A Tiny Creature“ mit gut greifbarer Melodielinie oder auch dem mit elektronischen Effekten angereicherten „Demian“, das auf einer Erzählung Hermann Hesses fußt. Mit ihnen stellt Krahl seine ganz persönliche Verbindung zwischen Bebop und neuen Ausdrucksformen des 21. Jahrhunderts her, schlägt eine Brücke zwischen Chet Baker, auf den er sich nicht nur mit einer Bearbeitung von dessen „It Could Happen To You“ beruft, und Leuten wie Joo Kraus, Nils Wülker und eben Till Brönner und gibt dabei eine prächtige Figur ab. Zum zweiten an seiner aktuellen Band und den von ihr in den Raum gesetzten vornehmen, schlanken Grooves. Am Pianisten Constantin Krahmer, der als Mann der Basis wie auch als Solist sehr viel für das Ensemble tut, am neu zur Band gestoßenen Roger Kintopf am Kontrabass und am ungemein beweglichen Leif Berger am Schlagzeug, der ein ums andere Mal die rhythmischen Vorgaben aufreißt und neu zusammenfügt. Auch er gehört zu der Spezies von Musikern, die einem „at first sight“ auffallen.

Letztlich ist es wie so oft die Summe vieler Einzelfaktoren, die für nachhaltigen Eindruck sorgt. Jedes Stück hat seine kleine Besonderheit. „Ombrophily“ verfügt über einen sanften aber steten Fluss, „Part Of Eternity“ flirtet mit orientalisch anmutenden Figuren und bei „At First Sight“ treffen schließlich in der Tat zwei Personen aufeinander, jede charakterisiert mit eigenem musikalischen Motiv, Funkenflug inklusive.

Schön, dass das Konzert des Maik Krahl Quartetts anlässlich des Birdland Radio Jazz Festivals vom BR mitgeschnitten wurde, schön auch, dass man sich Ausschnitte daraus in der langen Jazznacht aus Neuburg am 21. November im Radio anhören kann und ganz besonders schön zu wissen, dass hinter Till Brönner und Co. noch weitere junge Schwergewichte mit ihren Trompeten warten, um so richtig durchzustarten.