Lynne Arriale Trio & Randy Brecker | 21.03.2009

Donaukurier | Bruno Turchet
 

Die amerikanische Jazzpianistin Lynne Arrialle gastierte am Freitag mit Randy Brecker im ausverkauften Neuburger Birdland Jazzclub. Ein unvergesslicher und fulminanter Auftritt, der dem Publikum noch lange in bester Erinnerung bleiben wird.

Lynne Arriale, der Rising Star aus der New Yorker-Jazzszene, bewegt sich musikalisch in einem engen Rahmen: Sie hat sich ganz dem Post-Bop und Hard-Bop verschrieben. Ob sie nun einen Song von Bernstein, Lennon, McCartney, Monk; Keith Jarrett oder Herbie Hancock spielt – sie erzählt jede Geschichte in ihrer eigenen Sprache. Sie plaudert dabei nicht, vermeidet jeden überflüssigen Ton und schafft so eine einzigartige Dichte. Ihre Technik ist hervorragend, aber nie im Vordergrund. So auch an diesem Abend.

Sie, die zierliche Jazzpianistin, die bereits mit vier Jahren ihren Wunsch nach einem Klavierlehrer durchsetzte und später klassische Musik studierte. Ausserdem der Trompeter und Grammy-Preisträger Randy Brecker, Schlagzeuger Anthony Pinciotti sowie der Bassist George Mraz, welche zuweilen immer wieder ihr schauspielerisches Talent durchblicken lassen, begrüsst mit einem „Hello, and good evening. Here we are.“ und legt los.

Mit dem flamboyanten Trompeter Randy Brecker und dem präzisen Schlagzeuger sind zwei Vollgas-Musiker mit von der Partie, ersterer erklomm den Fusion-Olymp mit seinem mittlerweile verstorbenen Bruder und Saxophonisten Michael. Egal ob Trompete oder Flügelhorn, Brecker spielt an diesem Abend eloquent und nachdenklich, strukturbewusst, phantasievoll und mit brillanter Schärfe. Und von strahlender Intensität, das bewies er mit hauchigen Balladen oder rhythmisch schnelleren Stücken wie zum Beispiel mit „Braziliana“. Brecker spielt schneidend präzise Passagen und Solis im Zusammenspiel mit Lynne Arriale. Er wirkt häufig distanziert und verkörpert das Prinzip «cool». Brecker hat diese automatische Coolness um sich herum; ähnlich wie Miles Davis die Fähigkeit hatte, die richtigen Noten einfach in der Luft zu finden. Mit Fug und Recht erhielt der 63-jährige Trompeter und Flügelhornist Anfang dieses Jahres den begehrten Musik-Grammy „Best Contemporary Jazz Album für seine CD „Randy in Brasil“.

Sein Ton ist vibratolos und direkt. Er hat den Schönklang ebenso in seinem Repertoire wie den aggressiv-hämmernden, er wechselt zwischen den Gegensätzen ansatzlos hin und her. Seine Fingertechnik ist schnell. Virtuos improvisiert er sich über mehrere Oktaven und spielt mit den Stilen. Eine thematisch weitläufige Ballade spielt Brecker ebenso überzeugend wie eine Hardbop-Nummer.

Vor allem die mit grosser Sensibilität gespielten Stücke wie „Words Unspoken“, „Estate und An Affair To Remember“ des Quartetts sind ein eindringliches Erlebnis. Aber auch ihr fröhlicher Tribut an Miles Davis mit „Seven Steps To Heaven“ sowie der von Arriale komponierte „Calypso“ sind mehr als eine Entdeckung wert.

Lynne spielt mit äusserster Konzentration, den Blick fokussiert auf das Innere des Flügels. Aber sie sieht nichts, ihre Augen sind geschlossen. Die Melodien kommen aus dem Herzen, sie spielt mit Hingabe, scheint das Publikum vergessen zu haben. Dann ein kurzer Blick zu ihren Musikern, ein Einverständnis, die drei finden sich gleichsam symbiotisch wieder zum Zusammenspiel. Das Publikum dankt es ihnen mit ungeteilter Aufmerksamkeit, lässt gebannt auch den allerletzten Ton ausklingen, bevor der Applaus die Stille durchbricht.

«Es ist ihre spürbare, musikalische Leidenschaft, die in die Seele gehen», meint ein Zuhörer nach dem Konzert sichtlich gerührt. «Das ist fast wie eine Andacht.»