Lynne Arriale Trio, feat. Benny Golson | 26.10.2007

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Verzückte, versonnene Gesichter, nicht wenige mit geschlossenen Augen, damit nur ja nicht ein einziger Ton entgehen möge, der aus diesem goldenen Horn in den Keller schwebt! Namhafte Jazzmusiker als Fans, Veteranen der Szene mit ergriffenem Herzen, junge Eleven mit offenen Ohren! Benny Golson, mittlerweile 78, wird immer noch besser.

Wann hat der Jazzfan schon Gelegenheit, einen der Schöpfer unsterblicher Standards des Jazz livehaftig zu erleben, noch dazu in der heimelig familiären Atmosphäre eines Clubs, der kaum größer scheint als das eigene Wohnzimmer? „Whisper Not“ ist, wie der Saxophonstar erzählt, in eben einem solchen kleinen Club entstanden. Golson spielt den eigenen Klassiker mit unnachahmlichem Ton, lässt die Musik fühlbar werden, injiziert sie förmlich unter die Haut, ohne Getue, ohne Gehabe, ohne Stress. Der Mann, der jüngst den Soundtrack zu Steven Spielbergs „Terminal 1“ einspielte, seit den 50er Jahren ein Star, Weggefährte von Miles Davis, John Coltrane und so vielen anderen, ein Musiker, dessen Lebenswerk den Lexikonschreibern diverse Seiten abnötigt, war bereits zum vierten Mal im Neuburger Jazzkeller zu hören, spielte wie daheim, innig, sinnlich, mit faszinierendem swing und einem Sound wie flüssiges Gold.

Nicht dass es nur der Abend des Solisten war: Spätestens Lynne Arriales Einstieg in Thelonious Monks „Bemsha Swing“ offenbart die Pianistin aus Milwaukee, Wisconsin als überaus kreative Aktivistin eines anspruchsvollen Jazzpianos im modernen Kontext. Wie sie die eigenwillige Tücke Monks sich aneignet und mit kühlem Kopf und heißem Herzen, detailgenauer analytischer Logik und spielfreudiger Begeisterung ins Heute trägt, das hat absolute Klasse. Steve Davis am Schlagzeug und Martin Gjakonovski am Bass sind ihr dabei treu und sensibel zur Seite mit Wärme, Gefühl und Gespür für’s Timing.

Zurück zum Maestro: Der bläst, was das Zeug hält, mit untrüglichem Feeling und einem Ton, der Gänsehaut erzeugt, unglaublich ausgewogen, gelassen, warm. Musik mit hohem Suchtpotential!