Lorenzo Petrocca aus dem kalabrischen Cotrone spielt Gitarre, Alberto Marsico aus Mailand sitzt hinter dem Schlagzeug und Tomaso Bradascio aus Turin bedient die Orgel der Firma Viscount, die in der Emiglia Romagna ansässig ist. Zusammen ergeben die drei Herren das Italian Organ Trio, bei dessen Konzert im Birdland Jazzclub sich – was durchaus nachvollziehbar ist – vieles um Bella Italia dreht. Aber bei weiten nicht alles.
Petrocca, Marsico und Bradascio bieten den Gästen im Birdland an diesem Abend Musik für stille Genießer, für Leute, die nicht unbedingt die große Geste brauchen, die Vergnügen finden auch in den kleinen Finessen und den scheinbar nebensächlichen Feinheiten, die sich ergötzen können an den Pastelltönen der leisen Passagen ebenso wie an Stellen, an denen es auch mal heftiger zugeht, für die aber nie vordergründige Power die Ursache ist, sondern ein untrüglicher Sinn für Dynamik, Dramaturgie und perfekt getaktete Abfolgen. Das Spektrum der Band, das sich in der Setlist widerspiegelt, ist enorm und reicht vom originell in Szene gesetzten Jazz Standard in Gestalt von Duke Ellington’s “Satin Doll“ und Ray Brown’s „Dejection Blues“ bis hin zu Giaccomo Puccini’s „Nessun Dorma“ und dem Gassenhauer „O Sole Mio“, womit die Band wirbt für Werke, für die Komponisten aus ihrem Heimatland zuständig sind. Wozu auch Nino Rota und Ennio Morricone gehören. Ersterer hat die Filmmusik für „Der Pate“ geschrieben, letzterer unter anderem die für einen Western mit Yul Brynner mit dem Titel „Kopf nach unten“.
Für dieses Repertoire freilich gibt’s ein eindeutiges „Daumen nach oben“, denn aus alledem machen Petrocca, der zwar der Kopf der Band sein mag aber nie sich benimmt, als wäre er es, ein wunderbar rundes Programm, in die alle beteiligten ihr Können, ihre spontane Kreativität und ihre Leidenschaft einfließen lassen. Und den nötigen Witz. Die drei spielen seit vielen Jahren zusammen und kennen sich in- und auswendig, haben aber immer noch die kindliche Freude bewahrt, sich gegenseitig mit nicht erwartbaren Wendungen, überraschenden Wechseln oder unvorhersehbaren Finten zu überraschen. Man neckt sich, dreht sich gerne eine lange Nase oder versucht, sich gegenseitig daran herumzuführen, und das alles geschieht mit der lässigen Eleganz dreier Herren, die trotzdem genau wissen, was sie tun, ihre Sache ernst nehmen und daran trotzdem auch selber eine gehörige Menge Spaß haben.
Natürlich verleugnet das Trio seine Wurzeln keinesfalls. Die liegen im Soul-Jazz der Sechziger Jahre und bei den großen Organisten dieser Ära, legendären Figuren jener Zeit wie Jimmy Smith und Jack McDuff. Nicht umsonst hat Marsico letzterem mit „Jackpot“ eines seiner Stücke gewidmet. Es ist immer wieder interessant, was diese Band mit ihren vielfältigen Ideen und der Lust aufs Besondere aus Nummern macht, die man bereits zur Genüge zu kennen glaubt und deswegen bereits innerlich ad acta gelegt hat. Kombiniert mit ein paar Eigenkompositionen ergeben sie an diesem Abend einen hinreißend gebundenen Strauß mit mehr oder weniger bekannten Melodien, die nicht nur wunderbar zusammenpassen, sondern auch wegen des grünen Daumens dieser drei Musiker immer wieder in originellen Farbtönen neu erblühen. Sich an ihnen zu erfreuen, ist an diesem Abend eine Wohltat.