Jazz alla Flute „Essenza“ | 10.10.2020

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Ein besonderes Duo! Schon allein deshalb, weil die Kombination Querflöte und Gitarre im Jazz ziemlich einzigartig ist. Isabelle Bodenseh und Lorenzo Petrocca boten im Neuburger Birdland zudem eine kleine Lehrstunde kammermusikalischer Intimität.

Bodenseh gelingt es auf frappante Weise, ihrem Instrument ganz andere Flötentöne beizubringen. Sie begnügt sich nicht mit dem überkommenen Klangideal. Den klassischen Wohlklang reichert sie durch an allerlei alternative Ansatz- und Blastechniken und erschließt sich so eine neue Klangästhetik. Die kommt im Duo umso stärker zur Wirkung, vor allem dann, wenn die Flöte vom Lead- zum Begleitinstrument wird und ihre sangliche Qualität durch rhythmische Impulse ergänzt. Mit perkussivem Ansatz, bewusstem Einsatz der Klappengeräusche und stark groovendem Atem avanciert das Soloinstrument inklusive walking Bass zur Rhythmusgruppe.

Lorenzo Petrocca trägt das Seine bei mit flexiblem, elegant tänzeldem swing, feinem Gespür, charmanter Wärme und einem Sigle-Note-Spiel voller kleiner, feiner Überraschungen. Beide zeigen sich in ihrer spielerischen Reife variabel, empathisch und auf den Punkt präsent. Das Zusammenspiel ist nach vier Jahren musikalischer Partnerschaft geradezu traumwandlerisch sicher. Das Repertoire vereint Anregungen aus ganz unterschiedlichen Kontexten, es spiegelt dabei auch die kulturellen Einflüsse der Herkunft beider: Die halbe Französin Isabelle Bodenseh bringt den Esprit der grande nation mit, die Vitalität Kubas, wo sie eines ihrer Lehr- und Wanderjahre verbrachte und den Zauber der klassischen Flöte, die sie studiert hat. Lorenzo Petrocca, der aus dem süditalienischen Crotone stammt, trägt Temperament und Sentiment bei, Energie und Gelassenheit. Fluid, Fantasie und Finesse sind die gemeinsamen Nenner eines Duos, das nicht zuletzt aus dem Great American Songbook und dem Reichtum des modernen Jazz schöpft.