Libor Šmoldas NYC Trio | 21.10.2023

Donaukurier | Karl Leitner
 

Dies ist das dritte Kon­zert im Rahmen des 13. Birdland Radio Jazz Festivals mit dem Trio des tschechi­schen Gitarristen Libor Šmoldas, den man erst einmal gar nicht wirklich auf dem Schirm hat, wenn es um die Spit­zenkräfte an den sechs Saiten im euro­päischen Jazz geht. Völlig zu Un­recht, denn seine lyrische Klangsprache, seine individuelle Herangehensweise an die bereits vorhandene Jazzliteratur, der Ide­enreichtum hinter seinen eigenen Stü­cken sind in der Tat höchst beeindru­ckend.

Mit dem stoischen Ray Anderson (Woody Herman, Frank Zappa, Tom Waits) am Kontrabass und dem umtriebi­gen Tausendsassa Adam Nussbaum (John Scofield, Carla Bley, Michael Bre­cker) am Schlagzeug unterhält er seit zehn Jahren sein NYC Trio. Hier treffen drei Ästheten aufeinander mit viel Sinn für musikalische Nuancen und für die Schönheit des kleinen Augenblicks, für fragile Elemente, für die charmante und liebevolle Variante der Adoption, mit Musik, die man zum Teil zwar kennt, aber eben nicht in diesen feinen, farben­frohen Varianten. Musik, die einen zum Lächeln bringt, zum Hinwegschweben, zum dezenten oder auch mal kraftvollen Mitgrooven ohne Ge­schepper und ohne Brechstange.

Joe Zawinul’s „Mercy Mercy Mercy“, Jimmy McHugh’s „I’m In The Mood For Love“ oder das Miles Davis zugeschrie­bene „Solar“ in der Zugabe sind Muster­beispiele für Šmoldas Variantenreichtum als Arrangeur, für seine Vielseitigkeit, Klassiker neu einzurichten für die Belan­ge dieses speziellen Trios, das Nuss­baum’s „Sure Would Baby“ mit unglaub­lichem Gespür für den Moment zu einem Blues macht, der ab dem dritten Akkord so richtig unter die Haut geht und dort wohlig weiterköchelt. Wobei Nussbaum ja eh ein Fall für sich ist. Breites Grin­sen, Kaugummi im Mund und jeder­zeit zu haben für einen flotten Spruch oder eine witzige Anekdote. Er ist kein alber­ner Clown, sondern hat Humor, was ein Rie­senunterschied ist. Bereits 1986 warf Frank Zappa mit dem gleichnamigen Al­bum die Frage auf: „Does Humor Belong In Music?“ – Nicht zwingend vermut­lich, aber es ist immer gut, wenn er vor­handen ist. Bei Smoldas etwa, wenn er „Without A Song“ spielt und dabei Miles Davis‘ „Jean Pierre“ zitiert, bei „Moon River“ mit voller Absicht ins Re­pertoire der Beatles hineinrutscht oder John Abercrombie hinterher spioniert, bei dessen Konzert er einst erstmals auf Nussbaum traf.

Persönliche Eigenheiten hat er natür­lich auch, dieser Lubos Šmoldas. Er spielt barfuß. Immer. Und er kommt auf ziemlich ungewöhnliche Art zu den hin­reißenden Melodien, die seine eigenen Stücke wie „Teatime“ oder „Crack Of Dawn“ kennzeichnen und einem als Hö­rer sofort auffallen. Wenn ihm eine Me­lodie einfalle, und sei sie noch so blöd, merke er sie sich einfach so lange, bis er sie gut finde und dann schreibe er sie auf, gibt er zu Protokoll. Wenn das Er­gebnis dann so ausfällt wie im Birdland gehört, hat er alles richtig gemacht. „Meine Songs lassen großen Platz für Improvisation“ setzt er hinzu. Ja, und sie wachsen und reifen und verändern sich und wer­den auf indirekte Weise bei je­dem Konzert neu kom­poniert. Das ist das Schöne bei ihm und das Schöne am Jazz.