Larry Coryell Quartet | 18.09.2004

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Im Fluss der Zeiten gibt’s auch so manches Deja-Vu-Erlebnis. Wie ein solches wirkte das Konzert eines bemerkenswert anderen Larry Coryell Quartet im Neuburger Birdland Jazzclub. Der texanische Stargitarrist, sonst eher im Bereich knackiger Fusion zu Hause, hat seit einigen Jahren eine weltmusikalische Ader entdeckt und sich musikalisch auf den langen Trip gen Osten begeben, in Richtung des indischen Subkontinents und dessen seit vielen Jahrhunderten gepflegte Musiktradition.

Gemeinsam mit dem seit langen Jahren einschlägig interessierten Saxophonisten Gary Brooks sowie Ronu Majumbar, der seine Bansuri, eine indische Querflöte, schon für George Harrison spielte, und Veejay Ghate an der Tabla, der traditionellen indischen Trommelkombination, sucht Coryell nun nach der musikalischen Grundströmung, die Ost und West verbindet. Und es ergeben sich – spätestens seit den Pioniertaten des dritten Beatles und John McLaughlins kaum mehr überraschend, doch immer wieder von hohem Reiz – mannigfaltige Anknüpfungspunkte im Dialog der Kulturen. Wo solcher in gelungener Balance von Identität und Lernbereitschaft sich ereignet, entstehen Momente gegenseitiger Bereicherung von bleibender Qualität. Keine weltmusikalische weichgespülten Gimmicks tragen diese Musik, sondern der Wille zu gegenseitiger Inspiration und wechselseitigem Lernen. Irgendwie wird man zwar den Eindruck nicht so ganz los, als sei das schon mal da gewesen, aber die jede Hektik aufhebende Sogwirkung des meditativen Umgangs mit der Zeit, die der indischen Musik seit je innewohnt, verfehlt ihre Wirkung nicht. Und so wird, was zunächst als Nostalgietrip in die späten 60er und frühen 70er missdeutet werden könnte, zu einem Konzert von oasenartiger innerer Ruhe und Konzentration. Alles fließt. Ab und an ist es hilfreich, dem künstlichen Getriebe zum Trotz, sich der autonomen Fließgeschwindigkeit des Lebens anzugleichen.