Aladár Pege Quartet | 23.09.2004

Donaukurier | Reinhard Köchl
 

Vieles deutet darauf hin, dass es der Mann tatsächlich schaffen kann: nämlich die berühmt-berüchtigte Quadratur des Kreises, die Harmonisierung der scheinbar unvereinbaren Elemente Jazz und Klassik, die in der normierten Welt der Klänge so sind wie Feuer und Wasser. Schließlich trägt er seinen Spitznamen „Paganini des Kontrabasses“ nicht von ungefähr.

Auch vom Programm her durchaus vielversprechend, was der ungarische Virtuose Aladár Pege da zum Auftakt der 57. Neuburger Barockkonzerte, der seit einigen Jahren bekanntlich im „Birdland“-Jazzclub stattfindet, anbietet. Benedetto Marcellos D-Dur Sonate in vier Sätzen, Antonio Vivaldi, Johann Sebastian Bach. Daneben immer wieder Improvisationen; Crossover, um es in der Kultursprache zu sagen. Ein Jazzer interpretiert klassischen Stoff. Doch richtig zufrieden kann damit eigentlich niemand sein.

Die Musiker der Freiburger Barocksolisten, die vorbeigekommen sind, um ein bisschen zu kiebitzen, schütteln nur verständnislos den Kopf, manche gehen nach kurzer Zeit entsetzt wieder. Viel zu unsauber spielt Pege in ihren Ohren. Die sowieso schon enorm schwierigen, ursprünglich für Cello geschriebenen Sonaten gefallen ihnen nicht sonderlich. Zwei Welten prallen aufeinander. Der Bassprofessor am Budapester Franz-Liszt-Konservatorium indes will auch gar nicht wie ein Cellist klingen. Leichtfingrig und mühelos greift er das Instrument bis in die höchsten Lagen des Brettes sowie in den grummelnden Tiefen ab, zupft und streicht, schlägt im Mittelteil die Saiten und improvisiert ideenreich, wenn auch ein wenig selbstverliebt über jedes Thema.

Das verdient allemal Beachtung. Nur die ziemlich üppige Verstärkung seines Holzkorpus` lässt die gestrichenen Tiefen und die Flageoletts, die leicht pfeifenden Obertöne, manchmal arg unsauber klingen. Das ist dann auch für Anhänger der moderneren Fraktion nicht nur Freude pur.

Im zweiten Set bekommt aber alles wieder seine alte Ordnung. Barock- wie Jazzfreunde wissen dank einer eindeutigen Ansage, dass nun die Zeit der missverständlichen Grenzgänge vorüber ist. Aladár Pege hat seine jungen Mitmusiker auf die Bühne geholt und tut nun genau das, weswegen ihn die Fachwelt zurecht als Weltklasse einstuft und auch ein Filmteam um den Münchner Regisseur Julian Benedikt gekommen ist: er serviert Jazz ohne Wenn und Aber. Swing, Be- und Hardbop, eine wunderschöne, würdevolle Hommage auf den großen ungarischen Gitarristen Attila Zoller und in der Zugabe auch noch einen deftigen Happen Blues.

Selbst wenn es manchmal den Eindruck erweckt, als hätten die Jungen die strikte Order bekommen, nur ja immer schön hinter dem Chef zu bleiben, und dessen Bass selbst begleitend noch eine Idee dominanter, lauter wirkt als das gerade solierende Piano, so zeigt sich durchaus, welch Potenzial in der ungarischen Jazzszene steckt. Tenorsaxofonist Zoltán Zana überzeugt mit coolen, rhapsodischen Phrasierungen, Pianist Zsolt Koloncsák koloriert die Songs mit wieselflinken, souligen Pattern und Schlagzeuger Thomas Kothencz bastelt diametrale Polyrhythmen behände zu einem frischen Groove zusammen.

Eine eindeutige Angelegenheit, kein Mischmasch mehr, klare Fakten. Ein Konzert, das eben erst nach der Pause begann. Vergessen wir einfach den ersten Teil.