Larry Coryell – Matien Oster Quartet | 23.01.2016

Donaukurier | Karl Leitner
 

Larry Coryell ist einer der wichtigsten lebenden Gitarristen des Jazz und hat seine Spuren in nahezu allen Spielformen dieser Musik hinterlassen. Im Neuburger Birdland Jazzclub wagt er zusammen mit seinen Partnern Martien Oster (Gitarre), Hans Braber (Schlagzeug) und Ingo Senst (Kontrabass) an diesem Abend eine Art Rückblick auf die verschiedenen Lebenslinien, die seine Karriere so abenteuerlich und schillernd machten.

Wer in Galveston/Texas aufwächst, kommt ganz automatisch mit dem Blues in Berührung, weshalb es nicht verwundert, dass anlässlich Milt Jackson’s „Bag’s Groove“ sein Quartett einer Bluesband nahe kommt. Bei Duke Ellington’s „In A Sentimental Mood“ mutiert sie hingegen zu einer Swingband, fasst bei „Spaces Revisited“ von 1970 die damalige Fusion-Szene ins Auge, lässt Wegbegleiter, Vorbilder und persönliche Helden wie Steve Swallow, Jim Hall und Dave Brubeck mit Kompositionen zu Wort kommen und würdigt am Ende auch noch die Akustik-Phase Coryells, wobei seine Zusammenarbeit mit Paco De Lucia und John Mc Laughlin in „Morning Of The Carnival“ zu einem der zahlreichen Highlights dieses ungemein spannenden Abends im Birdland wird.

Coryells Lebenslinien und unterschiedliche Schaffensperioden also geben den Weg vor, ohne seine Begleiter freilich geht – bis auf die seine atemberaubende Solo-Version von Ravel’s „Bolero“ – wenig. Martien Oster kommt die Rolle zu, für Coryell Stichwortgeber, Konterpart und Herausforderer zu spielen, zudem selber als Solist zu glänzen und als Partner für die Twin Guitar-Parts zur Verfügung zu stehen. Wer Coryell an diesem Abend folgen will, muss stilistisch offen sein und zugleich hellwach. Beides ist nicht nur das Publikum, sondern auch die Band, die problemlos mitzieht, wenn der Chef plötzlich „Smoke On The Water“ zitiert und im nächsten Augenblick Auszüge aus Strawinsky’s „Feuervogel Suite“ einstreut. Ohne vorherige Absprache, versteht sich.

Was als einziges außen vor bleibt an diesem Abend, der vor allem Fremdkompositionen in den Mittelpunkt stellt, sind die Stücke, die Coryell mit „The Eleventh House“ eingespielt hat, die aber unweigerlich verbunden wären mit dem Einsatz von Effektgeräten und deutlich erhöhter Phonstärke, was zu diesem bei aller Vielseitigkeit doch so stimmigen Abend nicht so recht gepasst hätte.

Larry Coryell, der begnadete Techniker, der Mann, der so sehr mit Seele spielt und gleichzeitig mit Witz und Humor, der immer wieder für sich und sein Genre neue Wege und Ausdrucksmöglichkeiten gesucht hat und dies heute noch tut, Larry Coryell, ist eine Weltmacht des Jazz. Gott sei Dank holt das Birdland Leute wie ihn immer wieder in die Region.