Lajos Dudas Quartet | 26.09.2002

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Es ist schon fast Tradition, dass die Neuburger Barockkonzerte im Birdland Jazzclub eröffnet werden. Art Baroque versteht sich dabei als Klammer, die Notiertes mit Improvisiertem und Tradiertes mit dem Lebensgefühl unserer Tage verbinden soll. Mit Lajos Dudas gastierte ein ausgewiesener Pionier solchen Brückenschlages im Keller unter der Hofapotheke. Das Quartet bot keinen kurzfristig einstudierten Alibi-Barock, sondern eine über Jahre gereifte Auseinandersetzung mit der Musik Johann Sebastian Bachs.

Der Einstieg mit der a capella improvisierten Melodielinie über die Violinsonate G-moll BWV 1001 tastet sich auf Samtpfoten an die Musik des verehrten Komponisten heran. Mit der Bourrée BWV 996 steigt im nahtlosen Übergang die Band ein mit groovig grundierendem Bass, trocken voranschreitendem Schlagzeug und verhangen hallenden E-Gitarrensounds. Innerhalb von Sekunden ist er geschafft, der Brückenschlag vom 17. ins 21. Jahrhundert, von der gar nicht so behäbigen „Idylle“ des Köthener Komponistenlebens in die umtriebige Unrast des Nightlights unserer Tage. Da erklingt ein Adagio in sanftmütiger Sensitivität und sehnsuchtsvoller Herzenswärme, tänzelt eine weitere Bourrée auf ein Gitarrensolo zu, das unversehens eine Schneise schlägt und den Blick freigibt auf reichlich steiniges Gelände, auf dem wiederum sich das Schlagzeug entfaltet. Dann jedoch wird mit einer Aria aus den Goldberg-Variationen die Lautstärke wieder herausgenommen zugunsten sensibel neugieriger Erkundungsflüge mit dem Gleitschirm eines warmherzigen Klarinettensounds. „Bachs Gedenken“ lebt ganz vom Dudas‘ Ton, elegant, luftig und kultiviert. Vielseitigkeit und Homogenität zugleich sprechen aus dem Rohblattinstrument. Philipp van Endert spielt seine Gitarre mit viel Hall und Pedal, erzeugt Klangflächen, auf deren Hintergrund sich die kalligraphischen Pinselstriche der Klarinette um so filigraner ausnehmen, setzt aber auch schneidige Soli dagegen. Kurt Bilkers Schlagzeug sorgt gemeinsam mit Martin Gjakonowski für die rhythmische Eigenständigkeit einer Band, die funk und frei und geradeaus ins Land des Jazz voranschreitet, dem das zweite Set allein gehört u.a. mit „Summertime“, dem „Bagpiper“ und „The Lady Is A Tramp“. Da treten akademische Fragen vollends in den Hintergrund zugunsten purer Vitalität. Die Fans von diesseits wie jenseits des Crossover waren gleichermaßen begeistert.