Lagrène – Rosenberg | 17.02.2011

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

(Audi Forum Ingolstadt)


Es ist Nonnie und Nous’che Rosenberg zunächst recht deutlich anzumerken, dass über dem Konzert ein Schatten liegt: Der Sohn des Sologitarristen Stochele Rosenberg ist verunglückt, der Vater musste heim, Gott sei Dank ist nichts allzu Schlimmes passiert. Kurzfristig eingesprungen ist Bireli Lagrene, einer der besten seiner Zunft von Kindesbeinen an. Der Gitarrist geht den Weg zurück zu seinen Wurzeln, zeigt, dass er trotz vieler Jahre in den Gefilden des modernen Jazz keinen Augenblick vergessen hat, wo er her kommt. Die klassischen Weisen des Gypsy Swing im Stil des Hot Club de France haben ihn in den 80ern als Wunderkind in die große weite Welt geführt. Er bringt sie auch 2011 so familiär und frisch wie damals, gereift freilich durch über dreißig Jahre Erfahrung und Entwicklung. Bireli Lagrene ist es gelungen, das Erbe der Väter zu erwerben, gerade indem er aus dem Schatten der Tradition heraustrat, eigene Wege ging, die ihn heute um so souveräner im überlieferten Genre agieren lassen. Zunächst eher sanft, zart und leise zelebriert das Trio die Musik, welche einst Django Reinhardt auf den Weg brachte in wunderbarer Leichtigkeit, lebensbejahender Grandezza und jenem Hauch Tristesse, der dem Blues so nahe ist.

Ob der sehr kurzfristigen Absprache – „Stochele hat mich vorgestern angerufen und gefragt, ob ich einspringen kann. Ich war gerade daheim und hatte Zeit.“ – müssen die Drei auf der Bühne des Audi Forum Ingolstadt sich ab und an über das Programm und die Titel verständigen. Dennoch spielen sie wie aus einem Guss, was nicht zuletzt daran liegt, dass Nonnie Rosenberg am Bass und sein Cousin Nous’che an der Rhythmusgitarre so einfühlsam und geschmeidig wie zugleich unbestechlich den Rhhythmus fließen lassen. Auf solcher Basis lässt sich trefflich impsovisieren, was Bireli Lagrene den auch mit Wonne tut: „Eine wunderbare Gelegenheit, mit zwei solchen Musikern spielen zu dürfen …“ Die Finger fliegen nur so übers Griffbrett, lassen die Spannungsbögen in den Saal federn, im zweiten Set mit endgültig gelöster Handbremse, locker, souverän, mit staunenswerter Virtuosität und höchstem Engagement. Viel mehr als nur Ersatz!