Kyle Eastwood | 31.05.2008

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Normalerweise stehen sie ganz hinten auf der Bühne, da wo die Scheinwerfer gerade noch so hinleuchten, fast schon im Schatten. Sie sorgen dafür, dass der Laden zusammengehalten wird in Punkto Groove und Harmonie, verlässlich, solide, ab und zu mit einem Solo im Rampenlicht glänzend, aus dem sie alsbald wieder ins Halbdunkel zurücktreten. – Bassistenschicksal! Normalerweise!

Ausnahmsweise war es diesmal anders im Neuburger Birdland Jazzclub, nicht jedoch, weil einer der großen Heroen des Jazzbasses aufgetreten wäre wie Ray Brown, Niels-Henning Ørsted-Pedersen oder der zum Festival im Schlosshof am 10. Juli erwartete Ron Carter. Diesmal machte wohl der Name den Mittelpunkt – und eine ganz auf den Bass zugeschnittene Musikauffassung.

Kyle Eastwood ist erstens der Sohn eines berühmten Hollywood-Schauspielers, zweitens ein untadeliger Bassist. Doppelt tritt er insofern aus dem Schatten, aus dem des Vaters, aus dem des Bühnenhintergrunds. Obwohl im Glanz der Traumfabrik aufgewachsen, steht er im Birdland für ehrliche handgemachte Musik ohne Netz und doppelten Boden. Kyle Eastwood beherrscht sein Handwerk von der Pike auf, spielt den fünfsaitigen E-Bass abwechslungsreich, groovy, jazzy, funky. Ab und zu greift er auch zum dreiviertelgroßen akustischen Holzinstrument, spielt freundlich swingenden Mainstream. Auf eine Stilrichtung lässt er sich deutlich weniger festlegen als der Vater auf den Typen des einsamen harten Helden.

Stilistischer Ekklektizismus kann andererseits auch eine Basis sein, Vielseitigkeit, Können und Phantasie unter Beweis zu stellen. Und wenn sich auch die Vermutung nie so ganz aus dem Hinterkopf verscheuchen lassen mag, ohne den Namen des Vater stünde der Sohn nicht vorn und in der Mitte der Bühne, täte es dem Musiker Kyle Eastwood unrecht, wenn er auf seinen Nachnamen reduziert würde. Dazu haben die Kompositionen zu viel Substanz, ist sein instrumentales Können zu bemerkenswert, ist die Band zu gut. Mit Martyn Kaine, Quentin Collins, Richard Beesley und Andrew McCormack hat Eastwood eine ausgezeichnete Begleitcrew um sich versammelt. Ein kantiges griffiges Schlagzeug, wuchtige Riffs und fetzige Soli von Trompete und Saxophon sowie ein überaus quirlig gespieltes Piano sorgen für hohen Unterhaltungswert des Rahmenprogramms, geben dem Leader kreatives Geleit beim Schritt aus dem Schatten.