Da ist zum Beispiel Claus Koch. Der Tenorsaxofonist spielt derzeit in mindestens vier unterschiedlichen Bands. Und dann ist da Claus Raible, der Pianist. Der ist aktuell ebenfalls mit drei verschiedenen Formationen unterwegs. Dass sich die beiden irgendwann mal über der Weg laufen würden, war nur folgerichtig. Seither stehen sie oftmals gemeinsam auf zahlreichen europäischen Bühnen und diesmal gastieren sie unter dem Namen „Claus Koch & The Boperators“ im Neuburger Birdland Jazzclub. Bereits dem Bandnamen ist zu entnehmen, dass zwei Dinge von vorne herein klar sind. Es wird um Bebop, Hardbop, Cool- und Soul Jazz gehen und Koch wird die Richtung und den Weg vorgeben.
Zusammen mit dem Kontrabassisten Henning Gailing aus Köln und dem Schlagzeuger Esteve Pi aus Madrid, in klassischer Quartett-Besetzung al
so, wandelt Koch auf den Spuren von Charly Parker, Julian Cannonball Adderly, Eddie Harris und Hank Mobley, spielt aber nicht deren Stücke, sondern bringt in den zwei Sets ausschließlich eigene Titel zu Gehör, Kompositionen mit eingängigen Themen, körperbetonten Grooves, nachvollziehbaren und fließend dahin zischenden Soli und Harmonien, die das Hören zu einem entspannten Erlebnis werden lassen, bei dem man sich genüsslich zurücklehnen, mit den Beinen wippen und die Seele baumeln lassen kann. Erstaunlicherweise meint man, all die Nummern wie „Minor Take Off“, „Shake“ oder „Time In Six“ schon immer zu kennen, obwohl das, weil Koch die meisten von ihnen erst kürzlich geschrieben hat, gar nicht möglich ist.
Dass sie auf den Zuhörer dennoch wirken wie ein knappes Dutzend guter alter Bekannter, unterstreicht Kochs Sinn für eingängige Melodien und ein untrügliches Gespür für das, was ankommt. Ohne auch nur eine Sekunde langweilig oder gar belanglos zu sein wohlgemerkt. Die Boperators machen Spaß und kommen mit einer gehörigen Portion Coolness daher. In der lässig rhythmisch dahin schlendernden „Slackline Symphony“ ebenso wie im rasanten „Uptown Rhythm“, aber auch in den Vertonungen mystischer oder geheimnisumwitterter Weltgegenden wie „Sunset On Tethys“ oder „Point Nemo“ – so exotisch sie vom Titel her auch anmuten mögen – fühlt man sich sofort zuhause und ausnehmend wohl, was für die beiden „Lovesongs“ natürlich nur um so mehr gilt. Denn das wunderschöne „Rosie’s Island“, das er für seine Liebste geschrieben hat sowie das, deren Lebensalter und Bewegungsdrang entsprechend, ungleich lebhaftere „Child In a Hurry“ für seine Tochter sind ja sowieso quasi Selbstläufer.
Koch, Raible, Gailing und Pi mögen zwar nicht in der ersten Reihe weitaus bekannterer internationaler Jazz-Stars stehen – obwohl sie mit jenen vermutlich locker mithalten könnten – an diesem Abend aber kann man sich dennoch tatsächlich nur schwerlich vorstellen, dass irgendjemand diese Art von Jazz besser spielen könnte. Das Quartett bietet ein absolut überzeugendes Gesamtpakt an, und dass Szenen- und Schlussapplaus überaus heftig ausfallen, verwundert nicht. Nach verschiedenen Tribute-Programmen etwa im Gedenken an Coleman Hawkins und Dexter Gordon konzentriert Koch sich jetzt wieder auf seine eigenen Kompositionen. Und trifft damit exakt den Nerv seines Publikums.