Klaus Doldingers Passport | 11.10.2007

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Zurück in die Zukunft! Den Remix der eigenen Vergangenheit zur Kunst zu erheben und konzertant zu zelebrieren, das kann ganz schön peinlich werden – muss es aber nicht. Klaus Doldinger jedenfalls gelang die Gratwanderung, der livehaftigen Wiederbelebung der eigenen Geschichte Anspruch und Unterhaltungswert zu entreißen, vor allem im zweiten Set des seines Konzerts beim Jazz im Audi Forum Ingolstadt mit Bravour.

Passport – Zauberwort der 70er bei all denjenigen, denen schwedische Popimporte zu simpel und aufwendige Hardrockacts zu bombastig waren. Klaus Doldinger traf den Nerv der Zeit mit seinen jazzrockigen, zugleich weltmusikalisch angehauchten Produktionen, etablierte er sich gleichzeitig als einer der begehrtesten Komponisten für die bunte Medienwelt. Den „Tatort“ bringt er natürlich auch mit nach Ingolstadt, freilich erst als Zugabe, um so effektvoller jedoch und – tausendmal gehört – erstaunlich frisch und kreativ. Ähnliches gilt für das vielstrapzierte „Boot“, das erst jüngst in „Ocean’s 13“ zu Ehren gekommene „Soul Town“, aber auch für weniger massenbekannte Stücke wie „Hasta manana“ oder neuere Kompositionen, z.B. „Medina“ aus der 2006er CD „Passport to Marocco“. Das liegt u.a. an der perfekten Band, die der 71järige Doldinger um sich geschart hat mit dem spacigen Roberto di Gioia an den Keyboards, dem knackigen Patrick Scales am Bass, dem markant solierenden Peter O’Mara an der Gitarre und Ernst Stroer, Biboul Derouiche und Christian Lettner, dem Dreigestirn des Grooves an Percussion und Schlagzeug.

Doldinger kann vor allem eines: Mit Melodien Bilder wecken, Assoziationen malen, Luftschlösser bauen, der Fata morgana schillernde Realität verleihen. Dabei spielt er in zeitlosem Groove virtuos mit Anregungen aus aller Welt von Afghanistan über Brasilien und New York nach Marocco, mit Klischees und Kollektivgedächtnissplittern, Hollywood und Bavaria-Filmstudio, Versatzstücken und Einfällen, jingle und jungle, und – mit der eigenen Vergangenheit. Das darf er, hat er sich doch auch beim „Blues – 50 Years Later“ Feeling und Herz bewahrt, um das ihn manch jüngerer beneiden mag.