Das Pianotrio ist eine der klassischen Formationen des Jazz, geadelt durch die Großen der Geschichte improvisierter Musik, Errol Garner etwa, den funkensprühenden Feuerwerker, oder Bill Evans, den Erfinder der gleichberechtigten Kommunikation im Dreieck von Piano, Bass und Schlagzeug. Der New Yorker Kevin Hays bezieht sich hörbar auf die Tradition des Letzteren, gibt der 93. Auflage der Reihe „Art of Piano“ im Birdland Jazzclub gleichzeitig einen kräftigen Kick in die Moderne.
Ein Romantiker freilich ist auch er, spätestens in seinen gesungenen Balladen offenbart er eine direkt fassbare Verletzlichkeit und jene warmherzige Sensibilität, die so wunderbar in die Klaviatur kriechen kann wie Massageöl über verspannte Nackenmuskeln. Die Stimme setzt er zeitweilig auch im Falsett ein, in einem gewöhnungsbedürftig unmännlichen Timbre und dennoch – nicht ohne eine Prise distanzierten Intellekts – beeindruckender Unmittelbarkeit.
Nicht dass das Trio nicht auch heftiger werden könnte: Da geht’s dann über Stock und Stein, sperrig, eckig und mit hartnäckigem Eigensinn durchs Gestrüpp der Harmonien, eher aus dem Erbe Bud Powells oder Thelonious Monks gespeist als aus dem Evans-Jarrett-Strom der Tradition. Mit Doug Weiss am Bass und Bill Stewart an den Drums stehen Hays gleich zwei Alter Egos zur Seite, die in synchroner Interaktion der hohen Kunst des spontanen Kontrapunkts frönen. Und dann der Blues, erdig, kernig und – eben doch! – funky, tricky, dirty. Da fletscht der Romantiker die Zähne und zieht für kurze Zeit den Wolfspelz an.
Mit einem im klassischen Format faszinierend vielgestaltigen Abend fügt das Kevin Hays Trio zur unauslotbaren Art of Piano ein eigenes unverwechselbares Puzzleteil.