Kevin Hays Trio | 27.10.2017

Neuburger Rundschau | Peter Abspacher
 

Diese Musik fordert den Zuhörer schon ein wenig. Er muss sich einlassen auf das Kevin Hays Trio, er muss sich gewissermaßen einhören und auch einfühlen. Aber diese Mühe, diese kleine emotionale und intellektuelle Anstrengung, wird mit einem Genuss über zwei Stunden belohnt.
Das Konzert des Pianisten Kevin Hays, des Bassisten Orlando le Fleming und des Schlagzeugers Jimmy McBridge im Birdland Jazzclub lief in der Reihe „Art of piano“. Und dieser Anspruch wurde wirklich eingelöst.

Der bald 50-jährige Kevin Hays ist ein vom äußeren Gehabe her zurückhaltender, aber konzentrierter und ausdrucksstarker Pianist, seine Kompositionen und Arrangements sind kunstvoll und zugleich von einer spielerischen Leichtigkeit. Und sie sind ein wahres Festder oft überraschenden, betörenden und immer wieder in neuen Farben leuchtenden Harmonien. Dieser Pianist und Komponist jongliert mit Anklängen an Robert Schumann (aus dem Klavierkonzert in a moll), mit raffinierten Zitaten von Beethoven oder Schoenberg, er entlockt dem Bösendorfer-Flügel immer wieder originelle Harmonien und Melodien. Ein ganz eigener Kosmos mit Elementen der Romantik des Expressionismus, der klassischen Moderne und des Modern Jazz.

Dabei erfrischt Hays das Publikum immer wieder einmal mit verblüffenden Akkorden und harmonischen Kühnheiten. Der eine oder andere Ton, so kommt es einem im ersten Moment vor, scheint da gar nicht zu passen. Aber das täuscht, beim zweiten Hinhören erschließt sich ein stimmiges und starkes musikalisches Gesamtbild. Mit dem Bassisten Orlando le Fleming und dem jungen Jimmy McBridge an den drums hat Hays musikalische Mitstreiter auf Augenhöhe.

Die Stücke des Trios sind meistens durchkomponiert, die jazztypischen längeren Solo-Einlagen reihum fallen sehr kurz, aber umso intensiver aus. Der Focus liegt nicht auf der Abfolge von Solo-Auftritten mit dem obligatorischen Szenenapplaus, vielmehr ist da ein kammermusikalisch geprägtes Trio am Werk, das die Feinheiten der Stücke auskostet. Diese Musik ist zauberhaft im Piano und freudig-strahlend im Forte, sie lebt von innerer Stärke, nie von Lautstärke. Der Pianist ist der Spiritus Rector, Bass und Schlagzeug bringen Spirit und Charme ihrer Instrumente
mit dem richtigen Feeling für ein Gesamtkunstwerk namens Jazz-Trio auf die Bühne.

So gelingen betörende Balladen („in einer Nummer namens „morning“), versonnene Passagen, heitere musikalische Spaziergänge in der Art eines Rondo oder Phantasien mit elegischen Untertönen. Und wunderbare Adaptionen von Bob-Dylan-Songs wie „When the rain ist blowing in your face …“ Eine Möglichkeit wäre, diese Stücke „nur“ instrumental zu interpretieren, aber die schönere Alternative verlangt doch den Gesang.

Was Kevin Hays hier zu bieten hatte, war ein Glanzpunkt des Abends: Weiche, zarte Melodieführung, Tiefe im Ausdruck und auf gleicher Höhe mit der Poesie des Textes. Der endet mit der Zeile „i go to the end of the earth for you, feel my love“. Bass, Schlagzeug und die Begleitakkorde am Klavier verschmolzen mit der Gesangsstimme- Aus dem Trio wurde eine Art Quartett, wobei gar nicht mehr so genau zu unterscheiden war, ob die Akteure nun vokal oder instrumental unterwegs waren. Das ist große Musik.