Man wird von guten Bekannten und alten Freunden eingeladen, erlebt mit ihnen einen überaus angenehmen Abend und geht bestens gelaunt nach Hause. Alle waren bester Stimmung und es hat so richtig gut getan. Und bereichernd war’s auch, denn jeder hat Geschichten erzählt, die man noch gar nicht kannte.
Wenn Kerstin Schulz, die Sängerin aus Neuburg mit der unverkennbaren Stimme, zusammen mit ihrer Band 4 Of A Kind nach vierjähriger Pause mal wieder im Birdland Jazzclub auftritt, ist die Situation ähnlich. Man kennt sie von vielen Konzerten in der Region und auch ihre Kollegen, der Augsburger Bassist Dominik Uhrmacher, der Eichstätter Tenorsaxofonist Christof Zoelch und die beiden Ingolstädter Jens Lohse am Flügel und Tom Diewock am Schlagzeug sind beileibe keine Unbekannten. Und doch ist beim Konzert der Birdland-Reihe „Jazz regional“ diesmal einiges ganz anders und einige Fragen tun sich auf, vor allem für jene im Publikum, die die Aktivitäten Band über die Jahre mitverfolgt haben.
Hat diese Band eigentlich jemals zuvor so vor Selbstbewusstsein gestrotzt wie diesmal, ging sie je mit einer derartigen Selbstsicherheit und derart viel Selbstvertrauen in ihr eigenes Können ans Werk? Und hatten sich die vier Musiker und ihre Chefin am Mikrofon eigentlich je ein dermaßen vielseitiges, abwechs-lungsreiches und auch originelles Programm ausgedacht? Natürlich, man muss die Kirche schon im Dorf lassen. Im Normalfall spielen auf dieser Bühne internationale Stars des Jazz aus Paris, New York oder Los Angeles, aber denkt man an all die großen Namen auch nur eine Sekunde? Nein, denn dafür sind der Wohlfühl- und der Spaßfaktor, die kleinen Glücksmomente an diesem Abend viel zu groß.
Es gibt Swing, es gibt Rhythm’n’Blues, es gibt Pop älteren und neueren Datums, es gibt den Beatles-Song „Come Together“, der nie eine solche war, hier aber zur innovativsten Jazznummer des Abends wird, es gibt den Klassiker „Autumn Leaves“, der rotzfrech mit Johann Sebastian Bach unterlegt wird, es gibt Songs der alten Haudegen Leonard Cohen und Randy Newman und daneben vergleichsweise Aktuelles wie „Shy Boy“ von Katie Melua und „Your Heart Is As Black As Night“ von Melody Gardot, es gibt Selbstläufer wie den kraftvoll intonierten Blues-Kracher „Muddy Water“ von 1923, der die Stimmung in die Höhe treibt, und „The Nearness Of You“ von 1938, eine Ballade, die höchste Anforderungen an die Sängerin stellt.
Deren Stimme ist wie immer kraftvoll, intonationssicher und voller Strahlkraft, an diesem Abend aber auch noch ausgestattet mit einer gehörigen Portion „Schmackes“. Wer als regionaler Künstler auf der Bühne eines Clubs mit weltweitem Renommée steht, dem sei vorab durchaus ein Anflug von Lampenfieber zugestanden. Nur merkt man davon nicht die Spur. Nein, die Band sieht und nutzt bei ihrem von allen im ausverkauften Saal heftig bejubelten Auftritt durchaus die Vorteile eines Heimspiels, lässt sich zurecht feiern und hat hoffentlich den Termin fürs nächste Konzert an gleicher Stelle bereits vorgemerkt. Glücksmomente mit guten Bekannten und deren neuen Geschichten kann man ja durchaus auch öfter als alle vier Jahre haben.