Kerstin Schulz & 4 Of A Kind | 03.12.2022

Donaukurier | Karl Leitner
 

Man wird von guten Be­kannten und alten Freunden eingeladen, erlebt mit ihnen einen überaus angeneh­men Abend und geht bestens gelaunt nach Hause. Alle waren bester Stimmung und es hat so richtig gut getan. Und be­reichernd war’s auch, denn jeder hat Ge­schichten erzählt, die man noch gar nicht kannte.

Wenn Kerstin Schulz, die Sängerin aus Neuburg mit der unverkennbaren Stim­me, zusammen mit ihrer Band 4 Of A Kind nach vierjähriger Pause mal wieder im Birdland Jazzclub auftritt, ist die Si­tuation ähnlich. Man kennt sie von vie­len Konzerten in der Region und auch ihre Kollegen, der Augsburger Bassist Dominik Uhrmacher, der Eichstätter Te­norsaxofonist Christof Zoelch und die beiden Ingolstädter Jens Lohse am Flü­gel und Tom Diewock am Schlagzeug sind beileibe keine Unbekannten. Und doch ist beim Konzert der Birdland-Rei­he „Jazz regional“ diesmal einiges ganz anders und einige Fragen tun sich auf, vor allem für jene im Publikum, die die Aktivitäten Band über die Jahre mitver­folgt haben.

Hat diese Band eigentlich jemals zuvor so vor Selbstbewusstsein gestrotzt wie diesmal, ging sie je mit einer derartigen Selbstsicherheit und derart viel Selbst­vertrauen in ihr eigenes Können ans Werk? Und hatten sich die vier Musi­ker und ihre Chefin am Mikrofon eigent­lich je ein dermaßen vielseitiges, abwechs-lungsreiches und auch originelles Pro­gramm ausgedacht? Natürlich, man muss die Kirche schon im Dorf lassen. Im Normalfall spielen auf dieser Bühne in­ternationale Stars des Jazz aus Paris, New York oder Los Angeles, aber denkt man an all die großen Namen auch nur eine Sekunde? Nein, denn dafür sind der Wohlfühl- und der Spaßfaktor, die klei­nen Glücksmomente an diesem Abend viel zu groß.

Es gibt Swing, es gibt Rhythm’n’Blues, es gibt Pop älteren und neueren Datums, es gibt den Beatles-Song „Come To­gether“, der nie eine solche war, hier aber zur innovativsten Jazznummer des Abends wird, es gibt den Klassiker „Au­tumn Leaves“, der rotzfrech mit Johann Sebastian Bach unterlegt wird, es gibt Songs der alten Haudegen Leonard Co­hen und Randy Newman und daneben vergleichsweise Aktuelles wie „Shy Boy“ von Katie Melua und „Your Heart Is As Black As Night“ von Melody Gar­dot, es gibt Selbstläufer wie den kraftvoll intonierten Blues-Kracher „Muddy Wa­ter“ von 1923, der die Stimmung in die Höhe treibt, und „The Nearness Of You“ von 1938, eine Ballade, die höchste An­forderungen an die Sängerin stellt.

Deren Stimme ist wie immer kraftvoll, intonationssicher und voller Strahlkraft, an diesem Abend aber auch noch ausge­stattet mit einer gehörigen Portion „Schmackes“. Wer als regionaler Künst­ler auf der Bühne eines Clubs mit welt­weitem Renommée steht, dem sei vorab durchaus ein Anflug von Lampenfieber zugestanden. Nur merkt man davon nicht die Spur. Nein, die Band sieht und nutzt bei ihrem von allen im ausverkauften Saal heftig bejubelten Auftritt durchaus die Vorteile eines Heimspiels, lässt sich zurecht feiern und hat hoffentlich den Termin fürs nächste Konzert an gleicher Stelle bereits vorge­merkt. Glücksmo­mente mit guten Be­kannten und deren neuen Geschichten kann man ja durch­aus auch öfter als alle vier Jahre haben.