Arbenz – Moutin – Vistels „Conversations #4“ | 02.12.2022

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Ecken und Kanten gehörten von Anfang zum Jazz,: Erinnert sei allein, wie Louis Armstrongs Solo zum »West Ende Blues« schon 1928 hurtig über Stock und Stein zu sprudeln scheint. Geradezu zum Markenzeichen wurden Ecken und Kanten bei Thelonious Monk, dem wohl eigenwilligsten Pianisten der Jazzgeschichte, einem Pionier des Bebop wie des modernen Jazz.

Auf seinen Spuren wandelte das international besetzte Quartett des Schweizer Schlagzeugers Florian Arbenz bei den »Conversations #4« im Neuburger Birdland Jazzclub. Nicht von ungefähr eröffneten sie ihr Konzert just mit Monks »Bemsha Swing«.

Im besten Spirit des Bebop, freilich sehr konsequent ins 21. Jahrhundert übertragen, widmeten sich Florian Arbenz, die kubanischen Brüder Maikel und Jorge Vistel sowie der französische Meisterbassist François Moutin mit vollem Elan der Herausforderung, überraschende Wendungen, Gedankensprünge und Einfälle, die wie aus dem Nichts zu entstehen schienen, mit flüssigem Groove zu hinterlegen. Schier mitreißend waren die Improvisationslust und der Strom der Ideen.

Auch die eigenen Stücke hatten es in sich, »Pandemie« z.B., gaben ihr Bestes als Absprungbasen für geradezu halsbrecherische Exkursionen der Akteure, allen voran die schier Feuer speiende Frontline der beiden Vistels. Der ein Jahr ältere Jorge an der Trompete und sein Bruder Maikel am Tenorsaxophon tanzten förmlich auf dem Hochseil, lieferten sich heiße Duelle und brillierten in rasanten Unisoni.

Frappant dazu der zugleich wuchtige und ungemein wendige Bass von François Moutin, einem Meister aller Klassen, der Druck und Drive mit Freigeist und Esprit verband. Nicht allein Bill Evans »Waltz For Debbie« verzauberte er durch ein Basssolo, wie es auch im verwöhnten Birdland nur zu sehr raren Gelegenheiten geboten ist.

Einem Derwisch gleich rollte Florian Arbenz über sein Drumset, hielt dabei das Geschehen jederzeit zusammen und in Schwung, nie um Impulse und rhythmische Finessen verlegen bis hin zum freihändigen Solo.

Für das letzte Stück des Abends gesellte sich überraschend noch der kubanische Posaunist Denis Cuni Rodriguez zur Band und zeigte, wie Florian Arbenz erfreut vermerkte, »dass der Jazz doch eine große Familie ist«.