Kenny Washington Quartet | 02.11.2018

Donaukurier | Karl Leitner
 

Bereits nach den ersten Tönen der Eröffnungsnummer ist klar: Zumindest in gesanglicher Hinsicht wird an diesem Abend im Birdland nichts mehr schiefgehen können. Dieser Kenny Washington, der sich nicht nur im Jazz, sondern auch in den Abteilungen Blues, Soul, Gospel und Pop zuhause fühlt und seine samtene und doch so kraftvolle Stimme, die über vier Oktaven reicht, durchaus auch mal für Leute wie Elvis Costello und Debby Harry erklingen lässt, schlägt das Auditorium im ausverkauften Club in der Neuburger Altstadt sofort in seinen Bann.

Trefflich unterstützt von seiner mit unwiderstehlichem Groove swingenden Band (Paul Kirby am Flügel, Martin Zenker am Kontrabass und Kim Min-chan am Schlagzeug) bietet er zwar ausschließlich Klassiker wie „When Sunny Gets Blue“ „My Foolish Heart“ oder „Lover Come Back To Me“, interpretiert diese aber durch die Bank mit so viel Herzblut, dass man als Zuhörer nur noch hingerissen lauschen kann. Washington ist weder ein Mann großer Worte noch großer Gesten. Mit vordergründiger Bühnenperformance hat er nichts im Sinn. Derlei hat er nicht nötig, diesbezüglich hält er sich lieber zurück, denn er überzeugt allein durch seine Stimme, die auch bei den intimen Balladen eine enorme emotionale Kraft entwickelt. Washington legt Wert auf schlichte Schönheit, auf Ausdruck, auf die Aussage des Songs. Und auf eine ganz und gar eigene Art der Interpretation. Mit geradezu spielerischer Leichtigkeit nimmt er sich etwa des „All Blues“, dieser Übernummer aus der Feder von Miles Davis, an, veredelt sie mit virtuosen Scat-Ein-lagen und macht sie zu einem Höhepunkt dieses an Höhepunkten nicht gerade armen Abends.

„What A Difference A Day Made”, “Moanin’”, schließlich eine großartige Version von “Georgia On My Mind” – nach der Pause geht es Schlag auf Schlag. Sichtlich berührt von der Welle der Sympathie, die ihm aus dem Auditorium entgegenschlägt, läuft er zu beeindruckender Form auf. Und die Band zieht nicht nur mit, sondern trägt ihn, bietet ihm eine ideale Basis und ist außerdem auch solistisch äußerst aktiv. Welch wunderschöne und absolut zum jeweiligen Song passende Läufe etwa Paul Kirby wie mal eben so nebenbei aus dem Flügel holt, ist wahrlich nicht von schlechten Eltern.
Kenny Washington, dessen traumhaft sicherer Tenor durchaus ab und zu mal an Donny Hathaway, mal an Al Green und mal sogar an Stevie Wonder erinnert, dessen Stimme aber dennoch so charakteristisch ist, gehört zu der Kategorie von Künstlern, die man wenigstens einmal im Leben gehört und gesehen haben sollte. Schön, dass das Birdland uns die Möglichkeit dazu geboten hat.