Kenny Barron Trio | 25.04.2023

Donaukurier | Karl Leitner
 

„Dieses war der zweite Streich…“ könnte man mit Wilhelm Busch sagen, weil das impliziert, dass auch noch ein dritter folgen wird. So ist es in der Tat, und zwar im Herbst. Nach dem umjubelten Konzert des Kenny Barron Quintets im Birdland Jazzclub vor ein paar Wochen erst, ist dieser Gigant, den das US-Fachmagazin Downbeat schlichtweg als „den momentan besten Jazzpianisten“ bezeichnet, an diesem Abend erst mal mit seinem Trio zu Gast.

Grund dafür ist ein freundschaftlicher Deal zwischen ihm und Birdland-Chef Manfred Rehm, der ihn aus Anlass seines 80. Geburtstags einlud, innerhalb eines Jahres zuerst mit seinem Quintett und dann mit seinem Trio aufzutreten und zuletzt als Solist, mit völlig unterschiedlichen Programmen und Konzepten, versteht sich. Barron ist ein Alleskönner, ein Allrounder par Exzellence, dem keine Spielform, keine Technik des Jazz fremd ist. Bei ihm laufen mehr als 100 Jahre Jazzgeschichte zusammen, er verbindet verschiedenste Strömungen, ohne sich in einer zu verlieren. Vermutlich ist er tatsächlich der umfassendste, der kompletteste Pianist, den die Jazzwelt derzeit hat.

Mit Eloquenz und subtilem Humor führt er durch den Abend, spielt eigene Stücke wie das überaus dichte, seinem Wohnort in der Bronx gewidmete „New York Attitide“, Kompositionen von Richard Rodgers und Irving Berlin bis hin zu Gary Bartz, öffnet mit Caetano Veloso die Tür nach Brasilien und mit dem „What Else Calypso“ und dem süffig-fließenden „Cook’s Bay“, beide aus eigener Feder, die in die Karibik und in die Südsee, setzt mit Thelonious Monk’s „Teo“ seinem genialen Vorläufer ein Denkmal und zaubert mit einer sensationellen Version von Charlie Haden’s „Nightfall“ schließlich ein seeliges Lächeln auf so manches Gesicht im bis auf den letzten Platz gefüllten Birdland-Gewölbe. Stellen wie die diese, in denen die Musiker ihre Instrumente behutsam streicheln, zärtlich liebkosen und gemeinsam in eine andere Welt abheben, sind einzigartig und vermutlich in dieser Intensität unwiederbringlich.

Woran Kontrabassist Kiyoshi Kitagawa aus Osaka mit seinen schier unerschöpflich ideenreichen, ständig die Pianolinien umkreisenden Figuren und seinen abenteuerlichen Soli ebenso gehörigen Anteil hat wie Ausnahmedrummer Jonathan Blake aus Philadelphia, der seine technische Brillanz im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Handgelenk heraus demonstriert.

Birdland-Konzerte an einem Dienstagabend sind normalerweise nicht die Regel. Es sei denn, ein Kaliber wie Kenny Barron macht auf dem Weg von Berlin ins italienische Cremona in Neuburg Station. Dann gilt der Ausnahmefall, dann kann es durchaus vorkommen, dass bereits nach wenigen Stunden alle Tickets vergriffen sind und die Leute aus ganz Süddeutschland zusammenkommen, um den großen Kenny Barron in intimer Atmosphäre zu erleben, der zwar ein Star des Jazz ist aber sich so gar nicht wie einer benimmt. Wer diesmal nicht schnell genug war, der sei, weil auf einen zweiten ja ein dritter Streich zu folgen hat, ausdrücklich hingewiesen auf Freitag, den 3. Oktober. An diesem Tag nämlich wird Barron sein Solokonzert geben, allerdings im Neuburger Stadttheater, wo zwar mehr Plätze zur Verfügung stehen, aber eben auch nicht unendlich viele.