Karin Hammar Fab4 invites Rita Marcotulli | 18.10.2024

Donaukurier | Karl Leitner
 

Fab Four? Das sind natürlich in erster Linie die Beatles. Für manche hierzulande auch die Fantastischen Vier. Leute, die mehr dem Jazz zugetan sind, mögen den Namen aber auch schon in anderem Zusammenhang gehört haben, als den der Band der aus dem nordschwedischen Boden stammenden Posaunistin und Komponistin Karin Hammar mit Andreas Hourdakis an der Gitarre, Frederik Rundqvist am Schlagzeug und Pär-Ola Laudin am Kontrabass, die durch die Beteiligung der Pianistin Rita Marcotulli an diesem Abend im Birdland Jazzclub zu „Fab 4 plus 1“ wird.

Die Band stellt ihr aktuelles Album „Opening“ vor mit Stücken wie „Hook“, „Apart“ und „The Key“, intoniert Kompositionen wie „Rest In Peace And Stay Alive“, einem Plädoyer für das Verlassen des Hamsterrades als Überlebensstrategie, oder „Nadar Com Tartarugas“, in dem es um das gemeinsame Schwimmen mit Schildkröten im Atlantik geht. Und bald wird deutlich, dass Hammar ein Faible und ein Talent hat für feine, fast schwebende Melodien, breite Harmonien mit langen Bögen und ausgetüftelte Arrangements, einen untrüglichen Blick für ein Stück als Gesamtwerk mit all den Kleinigkeiten, die ihm Einzigartigkeit verleihen, für die passenden Soundfarben und ein Gespür für solistische Beiträge und deren optimale Platzierung am passenden Ort.

Sie selber verfügt über einen warmen Ton, den sie auch gerne klangmalerisch einsetzt. Damit sorgte sie auch schon in den Ensembles von Nils Landgren, Steve Swallow, Carla Bley oder Gary Burton für Aufsehen, mit ihm stellt sie – oft zusammen mit Andreas Hourdakis an der E-Gitarre – die Themen vor, geleitet die Band aus lyrischem in mitunter auch recht lebhaftes Fahrwasser, ist Initiator von mächtigen Soundwellen, die sich nach vergleichsweise intimem Intro in Stücken wie „The Setup“ und „Moset“ zu Bergen auftürmen, auf deren Schaumkronen sich dann die Soli entladen. Sie selbst und der Mann an der Gitarre tun sich diesbezüglich besonders hervor, und natürlich ist hier die in Neuburg bereits bestens bekannte Rita Marcotulli absolut in ihrem Element. Sie kommt aus Rom, ist von Beruf Jazzpianistin, bei den Fab 4 die Komponente „Plus 1“ und – wie bislang immer im Birdland – auch diesmal großartig. Wie viel Platz ihr das Arrangement auch immer zugestehen mag, sie macht grundsätzlich etwas Großes daraus, fügt sich nicht nur nahtlos ein in den Rollenwechsel zwischen Solisten und Begleitern, ist nie „nur“ Gast in diesem Ensemble, sondern vom ersten Augenblick an fester Bestandteil dieser Band, die sie so ungemein bereichert.

Europäischer Jazz, nordisches Flair, manchmal ein Hauch von Klassik, fest umrissene Formen mit Möglichkeiten zur freien Entfaltung und alles andere als eine Session – ja, der Besuch dieses Konzerts hat sich wahrlich gelohnt, auch und in besonderer Weise für alle, die das Quintett vielleicht vorab gar nicht auf dem Schirm hatten. Man weiß, dass beim derzeit laufenden 14. Birdland Radio Jazz Festival viele unterschiedliche Facetten des Jazz zu Wort kommen und es sollte sich auch herumgesprochen haben, dass es dort immer etwas Neues zu entdecken gibt. So wie die beeindruckenden Kompositionen Karin Hammars und diese wunderbare Band. Wer das Konzert nachhören möchte, kann dies am Freitag, 15. November, ab 23.05 Uhr auf BR Klassik tun. Es würde sich lohnen.