Kagerer – Nieberle | 17.12.1999

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Das Weihnachtskonzert mit den beiden Gitarristen Helmut Kagerer und Helmut Nieberle im Neuburger Jazzclub war ein würdiger Kontrapunkt in der Hektik der Vorweihnachtszeit. Der Jazzclub nahm das Konzert gleichzeitig zum Anlaß, dem verdienten Förderer Fritz v. Philipp zum 60. Geburtstag zu gratulieren.

Manchmal liegt das Gute näher als man denkt. In unserem Falle gilt diese alte Weisheit den beiden Regensburger Gitarristen Helmut Kagerer und Helmut Nieberle. In Neuburg kennt und schätzt das Publikum die beiden Saitenvirtuosen auf Grund mehrerer Auftritte im Birdland Jazzclub in den vergangenen Jahren. Deren letzter liegt jedoch schon über zwei Jahre zurück, so daß das Weihnachtskonzert mit den beiden am Freitag abend im Keller unter der Hofapotheke ein wahrlich überfälliges Ereignis war.

Schon der Opener „Secret Love“ zeigt, worauf es den beiden Ausnahmegitarristen ankommt. In feinsinnig-inniger Übereinstimmung zelebrieren sie die Kunst des Duos: intensives aufeinander Hören in gleichzeitig unverwechselbarer individueller Charakteristik. Die Linien fließen ineinander, nie konkurrierend, immer auf gegenseitige Inspiration bedacht und getragen von der Einsicht, daß auch Schweigen und Zurückhaltung zum wahren Dialog gehören. Als Duo haben sie inzwischen zu einer völlig eigenständigen gemeinsamen Sprache gefunden, in der sie sich alte Swing-Standards wie Fats Wallers „Jitterbug Waltz“ oder Charlie Christian´s „Benny´s Beauty“ ebenso souverän aneignen wie den Modern Jazz der John Lewis Komposition „Milano“. Hell klingende perlende Läufe in Kagerers Eigenkomposition „Swing for Django“ gehören ebenso zum Selbstverständnis wie die sinnend lauschende Hingabe an Momente der Stille und Nachdenklichkeit. Bedacht und mit innerer Ruhe orten Nieberle und Kagerer ihre Bezugspunkte in der Jazzgeschichte, verarbeiten sie in außergewöhnlich kultivierter Gemeinsamkeit und fügen sie zusammen in einem organisch durchdachten und harmonisch empfundenen Ganzen. Dabei erliegen sie nie der Versuchung zur intellektuellen Kühle, der swing bleibt bei aller Komplexität des Geschehens immer die selbstverständliche und geschmeidige Grundlage.

Jeder der beiden ist für sich ein herausragender Solist. Helmut Kagerers Interpretation der Attila Zoller Ballade „When it´s Time“ läßt die sensible Zerbrechlichkeit der letzten Kompositionen des vor knapp zwei Jahren verstorbenen Ungarn in einer Weise lebendig werden, wie sie eindrucksvoller nicht gelingen könnte. Und Helmut Nieberle zeigt an seiner siebensaitigen Gitarre mit einem ungarischen Czardas, wie sehr der europäische Jazz von der osteuropäischen Folklore beeinflußt ist.

„Ohne Fritz v. Philipp wäre der Neuburger Jazzclub nicht, was er ist.“ Mit diesen Worten wurde eine Komposition angesagt, die „einer tragenden Säule des Birdland“ gewidmet war: „Mind the Step, Fritz“. Ein leicht swingendes Stück Musik, easy, freundlich, zurückhaltend und dennoch zupackend, so recht passend für den sichtlich überraschten Jubilar. Manfred Rehm überreichte im Namen des Clubs als Geschenk ein Bild des Neuburger Künstlers Günter Bauer. Und zum Schluß gaben Nieberle und Kagerer dann auch noch ihren Beitrag zu Weihnachten zum Besten: „Rudolf, the Rednose Rendeer“ und „O Tannenbaum.“