Julia Kadel Trio | 26.10.2018

Donaukurier | Karl Leitner
 

Man hat es schon immer geahnt. Die Möglichkeiten des klassischen Piano Trios sind noch längst nicht ausgereizt. Eindrucksvolles Beispiel dafür ist das Julia Kadel Trio, das im Rahmen des 8. Birdland Radio Jazz Festivals im Jazzclub in der Neuburger Altstadt auftritt und dort einen hervorragenden Eindruck und ein schwer beeindrucktes Publikum hinterlässt, obwohl es fürwahr nicht eben leichte Kost bietet. Oder vielleicht gerade deswegen.

Die Pianistin und ihre Begleiter, Karl Erik Enkelmann am Kontrabass und Steffen Roth am durch zahlreiche Gongs, Klangschalen und Little Instruments erweiterten Drumset geben sich keine Grenzen vor. Freie Improvisationen münden in auskomponierte Sequenzen, lyrische Abschnitte, offene Passagen und heftige Eruptionen wechseln sich ab. Dem Hörer werden Assoziatiosmöglichkeiten angeboten. Jedem Einzelnen ist freigestellt, seinen eigenen Film im Kopf abzuspulen und die Band liefert den Soundtrack dazu. Anfangs ist das Ganze vielleicht ein wenig fremdartig, mit der Zeit aber fühlt man sich immer mehr vertraut und auch wohl mit den klanglichen Varianten, zu deren Erzeugung Julia Kadel dem Flügel auch mal gerne in die Eingeweide greift oder dessen Saiten mit Klöppeln bearbeitet.

Über zwei Stunden lang gehen die Musiker mit höchster Konzentration, aber auch mit höchster Lust ans Werk, verknüpfen durchaus bekannte Elemente auf unerhört spannende und originelle Weise neu, bringen brandneue Stücke zu Gehör, die Namen tragen wie „Verwicklungen“ oder auch „Abheben und Abtauchen“, fassen an anderer Stelle Einzel-ideen zu kompositorischen Blöcken zusammen. Hier hat jemand wahrlich Mut zum und Lust am Risiko, hier gehen drei Musiker völlig unerschrocken ihren eigenen Weg, outen sich quasi als Freigeister des Modern Jazz und fordern ihr Publikum auf, es ihnen gleichzutun. Sie empfinde das Ungewisse durchaus als schön, sagt Julia Kadel. Und alles im Leben, was man nicht haargenau planen könne, was vielmehr zum Wagnis werde, reize sie ganz besonders. Genau diese Philosophie setzt sie als Komponistin mit ihrer Musik um, genau das bringt sie mit ihrem Trio auf die Bühne.

Ja, selbstverständlich muss man auch als Zuhörer das Wagnis eingehen, sich auf diese Musik erst einmal einzulassen, um für sich selbst Neues zu entdecken und vielleicht sogar den eigenen Horizont zu erweitern. Welches musikalische Genre aber wäre prädestinierter für dieses Vorhaben als gerade der Jazz? Und wer wäre besser geeignet, uns dabei an die Hand zu nehmen, als gerade die junge Garde der Jazzmusiker, die kein Risiko scheuen und Grenzen ignorieren. Musiker wie die des Julia Kadel Trios eben, das mit dieser Vorgehensweise im Birdland einen echten Volltreffer gelandet hat.