Julia Hülsmann Trio & Kai Brückner | 21.11.2015

Donaukurier | Karl Leitner
 

Nach den ersten Takten schießt mir blitzartig der Name Volker Kriegels durch den Kopf und ich weiß nicht warum. Das wird im Laufe dieses Abschlussabends des „5. Birdland Radio Festivals“ noch ein paar Mal passieren. Liegt es daran, dass die Stücke des Gitarristen Kai Brückner, der das „Julia Hülsmann Trio“ bei diesem speziellen Konzert zum Quartett erweitert, in ihrer Melodieführung, ihrem Ablauf und ihrem Sound ein wenig an den so früh verstorbenen Frankfurter Gitarristen erinnern?

Wie auch immer. Die Band um die Pianistin Julia Hülsmann, den Kontrabassisten Marc Muellbauer, den Schlagzeuger Heinrich Köbberling und Kai Brückner als Gast ahmt sicherlich niemand nach, auch Kriegel nicht, hat sie doch längst ihre eigene musikalische Sprache gefunden. An diesem Abend, dessen zweiter Teil live über die Frequenzen von BR-Klassik im Rahmen einer vierstündigen Sondersendung aus Neuburg in die ganze Welt geht, bietet sie ein Jazz-Kalei-doskop an, das wegen der Spielfreude der Band, die von einer Welle der Begeisterung aus dem Publikum regelrecht fortgetragen wird, sicherlich zu den Höhepunkten des gesamten Festivals zählt.

Jeder Musiker hat Stücke beigesteuert, die Bandchefin „Spiel“ oder „Dunkel“, die den Modern Jazz nach ECM-Art repräsentieren, Kai Brückner „Doharty Plays“ oder „New Bedford“, in denen sich lyrische Momente und teils fließende teils funky Rhythmen sehr reizvoll ergänzen. Das ergibt eine in sich stimmige Mischung und insgesamt eine Musik, bei der man sich als Zuhörer bestens aufgehoben und rundum einfach nur wohl fühlt. Dazu kommen die von Julia Hülsmann, die sich selbst durchaus eine Schwäche für Pop attestiert, ausgewählten Adaptionen. Die eine ist eine Neubearbeitung von „The Water“ der kanadischen Singer/Songwriterin Leslie Feist, die andere ist „All I Need“ von ausgerechnet Radiohead, was natürlich ideal zu einem Radio Festival passt.

Als das rote Licht „Achtung, Aufnahme!“ erloschen ist, fällt auch bei den Musikern die Anspannung. Zwei Sets liegen hinter ihnen mit erstklassiger, abwechslungsreicher und erfrischender Musik. Trotz höchster Konzentration bei allen Beteiligten auf und vor der Bühne ist der Abend angenehm unbeschwert, verströmt die Musik eine Leichtigkeit, die anspruchsvoll ist und dennoch gute Laune macht. Wie bei Volker Kriegel damals in den Siebzigern und Achtzigern. – Manchmal kommen einem Sachen in den Sinn und man weiß nicht so recht, warum. Vielleicht lag’s ja an den in dieser Nacht über Neuburg besonders aktiven Radiowellen.