Judy Niemack & Band | 31.10.2008

Neuburger Rundschau | Clara Fiedler
 

Einen unglücklichen Termin für ihr Konzert hat sich die famose Jazzsängerin Judy Niemack ausgesucht. Und so begrüßte sie ein leider etwas spärliches Publikum im Birdland mit den Worten „Wir sind froh, Sie trotz Halloween hier zu sehen.“ Zusammen mit ihrer Band, bestehend aus Bassist Reggie Johnson, dem holländischen Pianisten Jasper Soffers und ihrem Lebensgefährten Jeanfrancois Prins an der Gitarre, lieferte sie trotz allem den Soundtrack zu einem guten Wochenende. Die, die vor „Süßes, sonst gibtŽs Saures“ in den Jazzkeller geflüchtet sind, kamen, wie von Niemack zu Beginn versprochen, voll auf ihre Kosten.

Die Band eröffnete das Konzert mit Triobesetzung und „How deep is the Ocean“, bevor die Sängerin das Gewölbe mit ihrer warmen und variablen Stimme ausfüllte. Das Timing ist, mit Verlaub, zunächst gewöhnungsbedürftig. Während die luftig-leichte Musik berührt, ohne einen zu überrollen, kämpft man als ungeübter Hörer zunächst mit der Songstruktur, die durch diese unglaublich virtuose Spontaneität Niemacks anfangs etwas entfremdet erscheint. Aber das legt sich spätestens mit Duke Ellingtons „I ainŽt got NothinŽ but the Blues“, mit dem sie beweist, dass sie trotz ihrer angenehmen Stimmlage auch extrem rotzig klingen kann.

Niemacks Scat-Einlagen sind ausgelassen und schlicht perfekt, sie kichert, haucht, lacht und schießt dabei niemals über ihr Ziel hinaus. Auch mit eigenen Texten lässt sich die Gesangsprofessorin nicht lumpen. So verpasste sie Gigi Gryces „Minority“ einen Text, der sich mit ihren eigenen „Minderheits-Erfahrungen“ beschäftigt. Im Anschluss daran reißt die Amerikanerin einen mit einwand- und akzentfreiem Französisch vom Hocker, bevor sie nach einem poetischen Klaviervorspiel eine sehr schöne und stimmungsvolle Version von Toots Thielemans „Bluesette“ gibt.

Es folgt eine Hommage an Sängerkollegin Billie Holiday, die Niemack nur in Begleitung ihres Bassisten singt. Und hier offenbart sich wieder die Magie ihrer Stimme, denn die Interpretation klingt zu keiner Zeit leer. Bill EvansŽ „Interplay“ wird durch Niemacks Text zum „Beautiful Interplay“ und mit „Baby, Get Lost“ geht das zweite Set zu Ende, das für alle Halloween-Flüchtlinge genug Süßes bot.