Johnny O’Neal Trio | 26.11.2021

Donaukurier | Karl Leitner
 

Johnny O’Neal, Jazzpia­nist aus New York, ist sichtlich beein­druckt. Er habe schon viel von diesem „famous German Birdland Jazzclub“ ge­hört und sich immer gewünscht, dort aufzutreten. Nun hat er es endlich ge­schafft und gibt zusammen mit dem Kontrabassisten Mark Lewandowski und dem Schlagzeuger Piero Alessi sein Neu­burg-Debut.

Sofort legt er los, lässt seine Finger fe­derleicht über die Tasten gleiten, häm­mert dann wieder schwere Akkorde ins Elfenbein, lässt sich hinreißen zu über­mütigen Sprüngen und unerwarteten Es­kapaden, verschärft das Tempo, verzö­gert, bremst ab. Seine Dynamik ist in der Tat beeindruckend. „This is a very good piano“, sagt er anerkennend. Ja, das stimmt, aber er ist auch ein sehr guter Pia­nist, der das Instrument mit großer Raffinesse spielt, sich als Musiker outet, der alle Tricks kennt und zudem jede Menge Sinn für Humor hat.

O’Neal ist ein Mann der vielen Gesich­ter. Entertainer, versierter Jazzpianist, In­terpret und Sänger von einschlägigen Balladen. Er ist im Blues ebenso zuhause wie im Bereich des Gospel, jenes Gen­res, mit dem er erste Erfahrungen in sei­ner Geburtsstadt Detroit machte. Er schreibt selber Stücke, etwa die Kompo­sition „Sweet Monk“, die er seinem Mentor Thelonious Monk widmet. Er gibt als Solopianist einen ebenso gute Fi­gur ab wie als Chef seines Trios und weiß, wie man Stücke von Kollegen reizvoll covert –  bekannte wie „Neal Hefti’s „Lil‘ Darlin“ und nicht so bekann­te wie „Henri Mancini’s „Lujon (Slow Hot Wind)“ oder Mel Thormé ’s „Born To Be Blue“ –  und wie man Passagen aufpeppt, in dem man die komplette Band zum Schweigen verdonnert und die Nummer nur mit Scatting, Fingerschnip­sen und gehörig Augenzwinkern voran­treibt.

O’Neal hat genügend Bühnenerfahrung, um seine vielfältigen Talente in geballter Form über fast zwei Stunden so einzu­setzen, dass es dem Zuhörer nicht vor­kommt, als geschähe dies wahl- oder ziellos. Wer mit Gospel und Blues auf­wuchs, dann mit Johnny Stitt, den Jazz Messengers von Art Blakey, Nancy Wil­son, Lionel Hampton und Benny Golson arbeitete, der weiß, dass es mehr als eine Form schwarzer Musik gibt, und ist not­gedrungen geprägt von unterschiedlichs­ten Einflüssen. Und er kann seinem Pu­blikum gegenüber Herzlichkeit zeigen, die nicht gespielt ist, und trotzdem gleichzeitig professionell bleiben. Das Auditorium im Birdland zumindest hat er bereits mit den ersten Akkorden und den ersten gesungenen Zeilen am Haken. Und er lässt es den restlichen Abend über auch nicht mehr los.

Ja, der Abend macht ganz einfach Spaß,  O’Neal und seiner Band auf und dem Pu­blikum vor der Bühne. Vielleicht auch gerade deswegen in ganz besonderem Maße, weil alle Beteiligten das Damo­klesschwert eines möglichen erneuten Lockdowns deutlich im Nacken spüren. Man weiß nicht, wie es im Einzelnen weitergehen wird. Diese Situation muss man hinnehmen. Aber man kann sich ja zumindest schon mal auf die 2G plus-Regel einstel­len, die auch im Birdland gilt, und sich über die ständig aktuali­sierte Homepage www.birdland.de über etwaige Pro­grammänderungen informie­ren.