John Scofield – Joe Lovano Quartet | 27.10.2015

Donaukurier | Karl Leitner
 

Das Joe Lovano-John Scofield Quartet im schmucken Stadttheater Neuburg. Ein denkwürdiger Abend und ein ehrwürdiges Ambiente zugleich. Im Gepäck hat die Formation Scofields neues Album „Past Present“, eine wahre Fundgrube für wunderschöne Melodien und virtuose Improvisationen der beiden Bandleader, das natürlich nicht umsonst so heißt, greift Scofield damit doch zurück auf die frühen 1990-er Jahre, als er ebenfalls mit Lovano am Tenorsaxophon und Drummer Bill Stewart für einige bis heute nachklingende Meisterwerke des Jazz sorgte und den Sound von damals quasi in die Gegenwart transformiert.

Scofield selbst ist sofort am Ton und an seiner Spielweise erkennbar. Ob vor langer Zeit als Fusion-Rocker mit „Loud Jazz“, ob später als Verfechter des funky Groove bei „Überjazz“, ob erst kürzlich anlässlich einer wahren Gitarrenschlacht zusammen mit Warren Heynes und Govt Mule, so spielt nur einer, nämlich Scofield. Dabei ist die eigene Vergangenheit aber nur Sprungbrett, sein virtuoser Blick zurück hat längst neue Ufer im Visier, was aber nicht nur am Titel „Enjoy The Future“ abzulesen ist. Mit Lovano hat er dafür genau den richtigen Partner mit an Bord, denn der war und ist ebenfalls seit jeher neugierig und immer für eine Überraschung gut, auch wenn er beim Neuburger Konzert lediglich mit zweien seiner Eigenkompositionen vertreten ist.

Bill Stewart am Schlagzeug ist ein Glücksfall für jede Band, für diese ganz besonders. Auf welch phantasievolle und zudem spektakuläre Art er seinen Rhyth-musteppich knüpft, mit welch originellen Mustern er ihn durchwirkt, ist schlichtweg sensationell. Mit Ben Street, der derzeit die einst mit dem 2008 verstorbenen Dennis Irwin besetzte Stelle am Kontrabass innehat und hervorragend integriert ist in diese Supergroup dreier alter Weggefährten, wird das Konzert zu einem wahren Gipfeltreffen. Diese wunderschönen Themen der neuen Scofield-Kompositionen machen schier trunken, wenn dann aber die beiden Solisten jeder für sich oder auch innig verflochten die Stücke in ihrer ganz individuellen Art ausloten, wird das Ganze tatsächlich zu einem ganz besonderen Erlebnis, wobei jeder im Auditorium sich glücklich schätzen kann, dabei gewesen zu sein.

Es gibt Momente, die müsste man eigentlich für die Nachwelt festhalten. Diese musikalische Sternstunde im Neuburger Stadttheater war so einer. Zum Glück fand der Auftritt im Rahmen des „5. Birdland Radio Jazz Festivals“ statt, so dass er vom Bayerischen Rundfunk mitgeschnitten wurde und man ihn somit also nachhören kann. Allen, die nicht dabei waren, sei dringend ans Herz gelegt, dies zu tun.