Der 57-jähriger New Yorker Trompeter John Marshall formierte Ende der 80er das Jazzquintett Bopera House und ging mit Dizzy Gillespie auf Tournee. Seit 1992 lebt er in Köln und wird mittlerweile zu den wichtigsten Solisten der WDR-Big-Band gezählt. Im Neuburger „Birdland“ war er nun mit Grant Stewart und dem NY Allstar Quintet zu erleben. Doch als eigentlicher Star bei diesem Gig entpuppte sich der New Yorker Schlagzeuger Jimmy Wormworth. Es gibt Musiker, die beherrschen ihr Instrument, und es gibt Instrumente, die beherrschen ihre Musiker. Ersteres trifft auf John Marshall und das Allstar Quintet zu. Aber noch viel mehr auf den 72-jährigen Jimmy Wormworth. Denn den Schlagzeuger kann man getrost als lebendes Stück Jazzgeschichte bezeichnen. Seine rhythmischen Fähigkeiten hat er unter anderem damals schon bei Al Haig, Mal Waldron und Kenny Dorham verfeinert. Heute spielt er in Bands von Annie Ross und Charles Davis. Und was der quirlige und sehr unscheinbare, hagere Drummer an diesem Abend in den Gewölbekeller des „Birdland“ katapultierte, war schlichtweg brillant. Und dazu die Intensität John Marshalls. Sein Ton ist vibratolos und absolut direkt. Er liebt die Gegensätze. Seine Fingertechnik ist schnell. Virtuos improvisiert er sich über mehrereOktaven und spielt mit den Stilen. Eine thematisch weitläufige Ballade überzeugt bei Marshall ebenso wie verschiedene Hardbop-Nummern. Ähnliches gilt auch für Grant Steward am Tenorsaxofon. Für das Publikum kaum zu fassen, aber Jazzballade und Hardbop gehen bei Marshall, Steward und ihren Mitspielern ineinander über. Die Musiker beherrschen alles, was es im Jazz zu beherrschen gibt. In der New Yorker Jazzszene gelten sie schon lange als Stars. In Neuburg haben John Marshall (Trompete), Grant Steward (Sax), Tardo Hammer (Piano), John Goldsby (Bass) und Jimmy Wormworth am Schlagzeug einmal mehr unterstrichen, dass sie auch in Europa zu den virtuosesten Hardbopern gehören.