Joe Magnarelli – Dmitry Baevsky Quintet | 17.09.2021

Donaukurier | Karl Leitner
 

Endlich gibt’s auch wieder Live-Jazz mit internationaler Beteiligung. Im Birdland Jazzclub in Neuburg zumindest. Das freut nicht nur das Publikum, sondern auch die Musiker, die so ziemlich alles dafür tun, dass die Live-Szene wieder so richtig in Schwung kommt. So hat die Band, die da auf der Birdland-Bühne steht, gerade eine neunstündige Autofahrt von Bologna hinter sich, als sie sich anschickt, einen feurigen Ritt durchs Bebop-Land zu unternehmen.

Man orientiere sich dabei am Great American Songbook, hieß es vor dem Konzert, aber zum Glück schlagen der New Yorker Trompeter Joe Magnarelli, der in Paris lebende Altsaxofonist Dmitry Beavsky, Pianist Oliver Kent aus Wien, der Stuttgarter Bassist Mini Schulz und Schlagzeuger Bernd Reiter aus Graz auch jene Seiten dieses Standardwerks auf, die vergleichsweise oft überblättert werden, und interpretieren nicht nur die durchaus erwartbaren Jerome Kern und Benny Golson, sondern eben auch beispielsweise „I Remember Britt“ und „Beehive“ von Harold Mabern, jenes Pianisten, der selber schon zu Gast im Birdland war, oder „Nascimento“ von Barry Harris.

Bereits die ersten Takte der Eröffnungsnummer zaubern einem unwillkürlich ein Lächeln ins Gesicht, denn man spürt sofort: Hier haben sich fünf Herren getroffen, die sich mit mit dieser großartigen Musik, diesen wunderschönen Melodien leidenschaftlich verbunden und an diesem speziellen Abend pudelwohl fühlen. Angetrieben von Bernd Reiter, dieser einmal mehr fulminant auftretenden Allzweckwaffe am Schlagzeug, die die Präzision eines Metronoms kombiniert mit dem bedingungslosen Drang zum Swing, schaukeln sie sich gegenseitig hoch solistischen Großtaten. Natürlich stehen dabei Magnarelli und Beavsky, die beiden, die mit ihrer beeindruckenden Vita als Mitglieder der Bands von Lionel Hampton und Buddy Rich und somit ihrem Namen für das Quintett bürgen, im Vordergrund. Doch mit welch wunderbaren solistischen Ideen etwa Oliver Kent, der Mann am Flügel, Mabern’s „I Remember Britt“ – eine der wenigen langsameren Nummern im Programm und vielleicht sogar die beste des ganzen Abends – solistisch veredelt, kann nicht unerwähnt bleiben.

Nach gut zwei Stunden und „Mister Mags“, der einzigen Eigenkompositionen des Programms, die Magnarelli für seinen Vater geschrieben und bereits 2001 auf dem gleichnamigen Album veröffentlicht hat, biegt die Band ein auf die Zielgerade. Das Publikum fordert zwar mehr, aber es bleibt letztendlich bei einer Zugabe. Irgendwann fordern die neun Stunden im Auto dann doch ihren Tribut. Aber Abende wie dieser in einem Club, der auch in der internationalen Jazzwelt einen so hervorragenden Namen hat, Konzerte vor diesem tollen Publikum entschädigten für alle Strapazen, sagt Bernd Reiter nach dem Konzert. „Um ins Birdland zu kommen, ist uns kein Weg zu weit.“