Elf Freunde müsst ihr sein, aber erst mal zu Dritt, klassisches Format, Pianotrio mit junger Schweizer Garde, interaktiv, groovy, eloquent wie eh und je: „My Mother Called Me Jim“ – von Joe noch keine Rede. Herbert Karl Anton Haider zieht Bilanz. „Alle meine Jugendsünden sind hier aufgebaut“, meint er mit Blick auf die Bühne im Birdland, greift sich das Akkordeon, isarfloßerfahren, in die Fluten geschmissen, triefend wieder rausgefischt, überlebt. Ganz früh schon, ´49 hörte er mit dem Kumpel von nebenan die Schlager aus dem Radio raus. Willi an der Klampfe, Herbert an der Quetsche, erstes Geld verdient, Polka Solo: „Joe, hau den Zacken nei!“ Bringt er auch im Birdland, anno ´11, gesungen! Na ja, gute alte Zeit, muss nicht mehr sein – mitsamt Moral von der Geschicht: Hört auf eure Mütter nicht!
Aber dann: Trommelwirbel und Sphärenklang, Bläser auf die Bühne und kompromisslose Hardbopkante! Andy Scherrer, Saxophon, und Bert Joris, Trompete, geben Gas, jagen den Muff der 50er Schlagerseligkeit kurzerhand davon. Dann kommt ein Solo a cappella von Scherrers Saxophon mit Spannung, Substanz und Dramturgie, lässt der Sehnsucht ihren Raum und der Suche nach Freiheit. Nach weiter schneidigem Ritt durch Bebop-City heißt’s cool down mit Joris klagender Trompete, getupftem Piano, reduziertem Drive. Nicht allzu lang, dann geht die Post wieder ab trotz 75 Jahren! Haiders Lebenslinien: Vom Hinterhof zum Domicile, vom Radio Jazz Ensemble des Bayerischen Rundfunks zum Joe Haider Orchestra featuring Mel Lewis samt Deutschem Schallplattenpreis, von der Swiss Jazz School Bern mit großem Kulturpreis des Kantons Bern zurück in die Clubs, was für ein Leben!
Nach der Pause Trio mal drei, ein ausgewachsenes Nonett, später sogar um zwei vermehrt zum Undezett, orchestrale Fülle und spritzige Soli, satte Bläser, Power, Farbenspiele, Action, Längen auch und Joe am Vibraphon, während den Klavierpart Brigitte Dietrich übernimmt. Ganz zum Schluss dann ein komplette musikalische Fußballmannschaft, wieder mit den Torjägern Joris und Scherrer, da stimmt’s mit Masse und Klasse. Joe Haiders Eleven. Muss mit 75 nicht alt aussehen!