Jim Mullen – Helmut Nieberle Sextet | 19.11.2004

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Herbstzeit, Kuschelzeit, kein Platz für hektische Experimente, eher für Nachdenklichkeit, sinnende Rückschau, Entschleunigung, die Entdeckung der Langsamkeit und Treffen mit Freunden: Eher Tee als Kaipirinha. Da trifft es sich gut, dass Jim Mullen mal wieder im Lande weilt und mit seinem Freund Helmut Nieberle das bewährte Sextett zusammenruft. Der Abend im Birdland wurde zu einer entspannt und herzerwärmend swingenden Serenade kultivierter Jazzstandards, freilich nicht ohne ein kräftige Spur britischen wie bayerischen Humors.

„I don’t know enough about you“: Jim Mullen und Helmut Nieberle wirken wie zwei gitarristische Dr. Jekylls in ihrer eleganten Phrasierung, die je auf ihre Weise immer auch ein bisschen den bluestrunkenen Dr. Hyde aufblitzen lassen, Mullen etwas offensiver mit raubeiniger Attacke, Nieberle mit hintersinnigem Lächeln, beide mit allen Wassern gewaschen: Zauberstücke nicht nur für Gitarrenfreaks. Die Rhythmusgruppe mit Christian Diener am Bass und dem ausgezeichneten Scotty Gottwald am Schlagzeug sorgt für einen beweglich changierenden Background, Charly Meimers Stimme für seidenweiche Atmosphäre: „How deep is the ocean?“ Und dann dieser süffige Sound aus Bob Rückerls Baritonsaxophon, das romantisches Gefühl und lässige Nonchalance so wunderbar verbindet! Wenn zum guten Schluss die Frim Fram Sauce angerührt wird – „with sha fafa on the side“ -, singen Alle freudig mit, ein Hauch der guten alten Zeit schwebt durch das herbstliche Neuburg und der Herbsttee kriegt noch einen spritzigen Schuss Lebenslust mit auf den Weg. Schön, wenn man in den kürzer werdenden Tagen alte Freunde treffen kann!