Jim Mullen – Helmut Nieberle Sextet | 11.11.2005

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

So ist das zuweilen, wenn man alte Bekannte trifft zum gemütlichen Plausch über das Leben, das Universum, den ganzen Rest und die gute alte Zeit: Auf einmal ist Alles ganz anders. Na ja, vielleicht nicht Alles, aber die eine oder andere faustdicke Überraschung wartet dann doch. So ging’s vielleicht dem Einen oder Anderen der eingefleischten Fans des Helmut Nieberle-Jim Mullen Sextetts, das regelmäßig im Spätherbst im Neuburger Birdland Station macht.

So weit Alles ganz normal, schön vor sich hin swingender Mainstream Jazz im gewohnten Alle Jahre wieder dieser so lässig wie angenehm zusammenspielenden Band. Bis auf einmal Einer von seiner letzten Reise erzählt wie in diesem Falle Helmut Nieberle von seinem „Desert Rendevouz“ in den Pyrenäen, ein Stück, das zu einer schimmernden Perle sich entfaltet, sanft in sich ruhend und dennoch in allen Farben geheimnisvoll leuchtend. Das ist eines der Geheimnisse des Jazz, das Geschichten erzählen, nicht unbedingt schlagzeilenträchtig, sondern in bedächtiger Konzentration, fesselnd im Fluss, faszinierend im Detail. Nicht als wäre das schon Alles gewesen: Die beschwingte Musette „Petit Paris“ erzählt vom Charme der französischen Hauptstadt abseits der Krawalle, einer Stadt mit Flair, Esprit und Lebensart.

Auch die Standards kommen, interpretiert von der sanft modulierenden Stimme Charly Meimers, mit eleganter Imaginationskraft und jenem lockeren swing, für den die im Birdland seit Jahren wohlbekannte Band steht. Scotty Gottwalds Groove mit hauchfein präzisem Schlagzeug und Christian Dieners umsichtig strukturierte Basslinien sorgen fürs Gerüst, Bob Rückerl am Baritonsax sowie Helmut Nieberle und Jim Mullen an einander beredt ergänzenden Gitarren für stilvoll kultivierte Soli in locker familiärer Symbiose von Swing, Cool, Bop und Blues, Understatement und Leidenschaft. Alte Bekannte mit neuen Geschichten: vertraut und anregend zugleich.