Die ganze Faszination des Tenorsaxophons übertrug sich beim Konzert von Jerry Bergonzi im Neuburger Birdland: Packende Soli, heiße Ritte über die Skalen, Groove und Melodie, Haken und Ösen sowie quecksilbrige Flüssigkeit, zupackender Sound und überblasene Zwischentöne, Volumen und Hauch, souveräne Ausgeglichenheit und fiebriges Tempo. Jerry Bergonzi beherrscht die ganze Bandbreite des Saxophons, dessen Nähe zur menschlichen Stimme in seinem Spiel mit solcher Lebendigkeit erfüllt wird, dass die Zeit beim Zuhören viel zu schnell vergeht.
Der aus Boston/Massachusetts stammende Altmeister, der an etlichen Hochschulen in den USA und Europa als Lehrender wirkt, darunter auch an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim, und diesseits und jenseits des großen Teiches sein Können weitergibt, ließ im Birdland zumeist in mittleren Tempi seinem Instrument und seiner Band jedweden Raum zur Entfaltung, unaufgeregt, dafür um so aufmerksamer.
Bergonzi entzieht sich vordergründiger Klassifizierung, beherrscht das Horn absolut und umfassend in weiser Beschränkung aufs Wesentliche und aller inneren Ruhe, auch seine Partner in Szene zu setzen. Als da waren: Der subtil die Harmonien und den Groove bindende Bassist Sean Pentland, der detailliert und sensitiv swingende Drummer Sebastian Nay sowie die elegant und fein aufspielende Pianistin Tine Schneider. Immer wieder im Mittelpunkt freilich das Saxophon eines Meisters aller Klassen, abgeklärt, erhaben, voll entspannter Kraft.