Jeremy Pelt Quintet – Audi Forum Ingolstadt | 10.03.2022

Donaukurier | Karl Leitner
 

Natürlich: Der Chef des Abends ist Jeremy Pelt, der Trompeter aus Kalifornien, der seit Jahren in der Nachfolge Lee Morgans und Freddie Hubbards unterwegs ist, die Bereiche des Post Bop und Soul Jazz zu seinen Hauptbetätigungsfeldern auserkoren hat und fünf Jahre nacheinander vom führenden Branchenblatt „Downbeat“ zum „Rising Star“ an der Trompete gewählt wurde.

Auch beim Konzert im Audi Forum gibt er den Weg vor, der eigentlich Star des Abends aber ist die Band, sein Quintett mit dem erst vor kurzem akquirierten Jasen Weaver am Kontrabass, Victor Gould am Piano, mit seiner großen Vorliebe für harmonische Romantik, mit der brillanten Taiwanesin Chien Chien Lu am Vibrafon und mit dem Drummer Allan Mednard, der sich quasi permanent im Ausnahmezustand befindet und seine Kollegen derart gnadenlos vor sich hertreibt, dass sie gar nicht andern können als zu ganz großer Form aufzulaufen.

Am 25. März erscheint das neue Album der Band mit dem Titel „Soundtrack“. Beim Konzert im Audi Forum gibt’s für das Publikum bereits einen Vorgeschmack darauf, dazu Auszüge aus dem Konzeptalbum „Griot: This Is Impor-tant!“, in dem Pelt von ihm geführte und in Buchform veröffentlichte Interviews mit Kollegen vertont hat. Die Stücke daraus, nämlich „Don’t Dog The Source“, „Words By J.D. Allen“ und „Underdog“ sind ganz großes akustisches Kino vor dem Hintergrund der wegen Covid 19 zur Untätigkeit verdammten Kollegen. Anlässlich der beiden Balladen „You And Me“ und „You Won’t Forget Me“, nimmt sich die komplette Band zurück, köchelt quasi auf Sparflamme und findet gerade deswegen zu so außergewöhnlicher Form.

Am auffälligsten freilich sind zum einen die herausragenden Soli Pelts, den viele ja für einen der führenden Jazztrompeter unserer Zeit überhaupt halten, in denen gleichermaßen seine Verbundenheit mit dem musikalischen Erbe seiner Vorläufer wie auch seine stete Suche nach Möglichkeiten der Fortentwicklung hörbar werden. Zum anderen sind das die Duelle zwischen dem Mann an den Drums und der jungen Vibrafonistin. Wenn diese beiden sich gegenseitig herausfordern, macht sogar Pelt Pause, lehnt sich an den Flügel und betrachtet das meist in Hochgeschwindigkeitsmodus stattfindende Treiben der beiden bewundernd und amüsiert zu gleich. Er sei stolz, diese begnadeten Musiker in der Band zu haben, sagt er irgendwann an diesem Abend. In der Tat: Wo er recht hat, hat er recht.

2017 veröffentlichte Pelt ein Album mit dem Titel „Make Noise!“. Daraus hört man zwar nichts beim Konzert im Audi Forum, der Titel stimmt aber trotzdem. Ja, es geht in der Tat an manchen Stellen durchaus laut und heftig zu, der E-Bass kommt zum Einsatz, Pelts Ton ist strahlend und überaus kraftvoll und das Energiebündel am Schlagzeug ist ja sowieso ein Kraftwerk im Dauerbetrieb und somit ein Fall für sich. Also fast schon zu viel des Guten? – Mitnichten. Eher ein Beleg dafür, wie toll es sich anhört und anfühlt, wenn die Aufforderung „Macht Krach!“ von nuanciert arbeitenden Noise-Spezialisten wie diesen ausgeht.