Jens Düppe – The Beat | 10.12.2022

Donaukurier | Karl Leitner
 

„Am Anfang war das Wort“ heißt es zu Beginn des Evangelium des Johannes. „Am Anfang war der Beat“ sagt Jens Düppe, Jazz-Schlagzeuger aus Köln, „der Rhythmus als Ursprung der Welt“. Deswegen heißt das neueste Projekt seiner seit mittlerweile zehn Jahren existierenden Band ebenfalls „The Beat“, deswegen sind sämtliche Kompositionen von ihm selber, deswegen gehen sie immer von einer rhythmischen Idee aus, nicht von einer Melodie. Zu beobachten ist selbiges beim Konzert der Band im Neuburger Birdland Jazzclub, einer ungemein spannenden Angelegenheit, die so ganz anders klingt als das meiste, was man ansonsten zu hören bekommt.

Lars Duppler am Klavier, Christian Ramond am Kontrabass oder Düppe selbst an den Trommeln und Becken werfen einen oder auch mehrere rhythmischen Bausteine gleichzeitig in den Ring, aus denen nach etlichen Umschichtungen, Verlagerungen und Ergänzungen dann sozusagen ein gemeinsames Haus gebaut wird. Die Spuren, die jeder dabei hinterlässt, werden in Beziehung zueinander gesetzt und ergeben ein Bauwerk von mal erhabener Opulenz und Schönheit, mal eines in fast minimalistischer Architektur, lyrisch breit und aquarellartig oder auch kantig vertrackt. Manchmal dient als Basis ein einziger Beckenton wie bei „Bouncing“, dann wieder geht es um eine Hetzjagd wie bei „The Chase“ oder bei der Schachtelkompositionen „Matroschka Doll“ um immer kleiner werdende Elemente wie bei den gleichnamigen Puppen. „Das Stück „Thirty Little Jelly Beans“ ist ein Paradebeispiel für die Vorgehensweise. Düppe selber spricht von „rhythmisierten Tönen“, in diesem Fall 30 an der Zahl, die durch ständige Wiederholung eine Art Malstrom ergeben, in dessen Mündungsgebiet sie sich dann verflüchtigen und vom Flow hinweggespült werden.

Im Zentrum des Geschehens steht dabei neben Düppe als Initiator mit dem zweifachen Echo-Preisträger Frederik Köster einer des besten Trompeter des deutschen Jazz überhaupt. Man kennt ihn durch seine Zusammenarbeit mit Randy Brecker, Nils Wogram, Michael Wollny und Nils Landgren, aber auch mit Nina Hagen und den Sportfreunden Stiller. Ihm gelingt es „auf meisterhafte Weise, mit ganz individuellem Ton auf seinem Instrument, kompositorischer Fantasie und ungebremster Improvisationsfreude Vielfalt und Klarheit in seiner Musik zu vereinen“, so in der Laudatio anlässlich einer von vielen Preisverleihungen zu seinen Ehren. Was er im Birdland spielt, ist tatsächlich einzigartig. Gleichzeitig einfühlsam und absolut treffsicher bewegt er sich absolut souverän zwischen sanfter Lyrik und blendender Strahlkraft.

Dass das Konzert zu einem nicht nur ungewöhnlichen, ungemein ereignisreichen, sondern auch so überaus spannenden, ja, faszinierendem Erlebnis wird, bei dem man mit Auge und Ohr ständig präsent und bei der Sache ist, um nur ja keine noch so kleine Nuance zu versäumen, liegt an ihm und gleichermaßen am Konzept, zu dem alle in optimaler Weise beitragen. Und auch am Publikum, das sich einlässt auf eine Kost, die zwar niemals abgehoben ist, aber auch nicht mal eben nebenbei konsumierbar. Am Ende stehen völlig zurecht und folgerichtig zwei Zugaben.