Keine Hektik bitte! Bei allem Temperament. Entschiedenheit, ja; differenzierte Statements, selbstverständlich, aber bitte keine Hektik, kein Schaulaufen, keine Posen. In der Ruhe liegt die Kraft. Imposant zunächst, wie das Jeff Siegel Quartet solche innere Stärke im Neuburger Birdland zur Entfaltung brachte, zumindest eine Halbzeit lang. Um so unverständlicher, dass das Konzert im zweiten Set mehr und mehr zerfranste.
Glut statt Flamme, glimmende Hitze statt des Flächenbrandes, Intensität: Der New Yorker Drummer präsentierte sich mitsamt seiner MitstreiterInnen als Meister kluger Nuancierung und überlegter Feinheiten. Wer letztere so offen darlegen kann wie es dem Quartett zunächst gelingt, der strahlt sogar im temperamentvollen Uptempo einer astreinen Hardbop-Nummer wie „Grass is greener on the other side“ eine innere Ruhe aus, die im Jagen unserer Tage schon fast wie ein Rettungsanker wirkt. Auch in Momenten, in denen die Hitze durchs Gewölbe lodert, strahlt die Band Gelassenheit aus, die Gewissheit unverkrampfter Verwurzelung, Klarheit und Struktur. Da ist also in Francesca Tanksley eine Pianistin, die in fingerfertigen Läufen über die Tastatur tänzelt, in Erica Lindsay eine Tenorsaxophonistin mit intensivem Sound und in Danton Boller ein Bassist, der Groove und Gefühl, Präzision und Volumen vereint. Schließlich agiert als primus inter pares ein Drummer, Jeff „Siege“ Siegel, der in seltener Differenzierung rhythmische und melodische Akzente setzt, die in den „Shifting Sands“ ebenso für Stabilität sorgen, wie sie die „Threads“ voranbringen.
So weit so schön im ersten Set. In der zweiten Halbzeit jedoch offenbarten sich zum Einen bei Erica Lindsey mehr und mehr spieltechnische Defizite. Vor Allem aber büßte die Band ihre Homogenität ein, entging im Tribut „For Roland“ – gemeint war Sir Roland Hanna – nur äußerst knapp der Gefahr sich zu verzetteln, kriegte die Kurve äußerst mühsam in der Besinnung auf die „Magical Spaces“, nutzte die jedoch nicht wirklich um zur Mitte zurück zu finden. So blieb der verwirrende Eindruck, dass man eigentlich zwei verschiedene Bands gehört hat an diesem Abend.