Jeff Berlin Group, feat. Randy Brecker and Othello Molineaux | 20.05.2006

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Immer noch führt der E-Bass im Jazz ein Schattendasein. Dabei gab es nicht nur Jaco Pastorius, gibt es nicht nur Steve Swallow, Percy Jones oder Richard Bona, sondern eben auch den fulminanten Jeff Berlin. Mit einer handverlesenen Band gastierte der New Yorker Saitenzauberer im Neuburger Birdland, wo er dem Bass reichlich Rampenlicht erobern konnte.

Kein Namedropping, aber allein die Besetzung der Combo verdient höchste Anerkennung: Randy Brecker, der ältere der beiden Brecker-Brothers, einer der versiertesten Trompeter des Planeten mit unzähligen Credits, der Steeldrum-Magier Othello Molineaux, der Woody-Herman-Pianist Richard Drexler und der Pat-Metheny-Drummer Paul Wertico, allesamt Meister ihres Fachs, jeder für sich und alle miteinander über jedes Mäkeln erhaben. Immer wieder funktioniert die Magie des Jazz, selbst im guten alten Thema-Solo-Thema-Schema: Fünf Musiker, die sich auf eine Wellenlänge einschwingen, einen alten Standard wie „Body and Soul“ ebenso zum Leben erwecken wie Paul McCartneys unausrottbares „Hey Jude“. In kreativem Dialog, spannungsvollem Diskurs und kollegialem Staffellauf der solistischen Exkurse reiben und ergänzen sich Linien und Klangfarben, harmonische Schraffuren und feinste rhythmische Strukturelemente. Jeff Berlin besticht durch eine Virtuosität am Bass, derer sich so mancher übermittelprächtige Gitarrist durchaus noch rühmen dürfte, tritt als völlig gleichberechtigter Solist mit Macht aus dem Tieftonschatten des Bassspielers hervor. Aus dem Clapton-Schmachtfetzen „Tears in Heaven“ zaubert er flugs eine hoffnungstrunken lebensbejahende Hymne der Zuversicht, einem Bach-Präludium entlockt er locker-leichten swing, den Blues bringt er mit allem Gewicht zur Geltung. Raffiniert, wie sich im Unisono die Sounds von Trompete, Bass und Steeldrum brechen, virtuos, wie Jeff Berlin die Saiten schwingen lässt, wie Randy Brecker seine Girlanden in den Keller bläst, wie Othello Molineaux über die Klangflächen tänzelt, wie Richard Drexler mit Humor und Zärtlichkeit die Tasten des Bösendorfers springen lässt, wie Paul Wertico die Rhythmen zum Fließen bringt. Beim letzten Gig der Tour lassen sie es beileibe nicht gemütlich auslaufen, sondern geben noch einmal Alles, konzentriert und voller Lust: Groovin’ High!