Jazzcoast | 03.03.2006

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Ein Hoch auf die Jugend. Dass Spaß und Hirn kein Widerspruch sein müssen, bewiesen sechs Nachwuchsmusiker aus bayerischen Landen im Neuburger Birdland Jazzclub mit Elan, Niveau und Bravour. Das Sextett Jazzcoast überraschte in entspannter Frische mit einem durch die Bank hörenswerten Konzert.

Es ließe sich alles so herrlich dialektisch auseinander dividieren in Bewegung und Gegenbewegung, These und Antithese, Ost und West. Dass es so einfach nicht ist, dass der Westcoastjazz mit seiner offenen Klangästhetik und seinem lockeren swing nicht nur als Gegenstück zur kochenden Dichte des Bebop verstanden werden kann, sondern auch als dessen Erweiterung und Ergänzung, zeigte sich bereits im Opener von Jazzcoast: „Boplicity“, danach im Westcoast-Klassiker „Bernie’s Tune“. Von wegen harmlos: Die Sechs von Jazzcoast bieten in flexibler Transparenz und passgenau getimt swingender Lässigkeit durchaus Anspruchsvolles, verheben sich weder an Monks „Round Midnight“, noch an Kurt Weills „Speak Low“. Das spricht nicht zuletzt für die Qualität der einschlägigen Talentförderung in unseren Landen, in diesem Falle an den Musikhochschulen von Nürnberg und Würzburg.

Veit Rudhardt (Posaune), Stefan Schmid (Tenorsax, Klarinette),Stefan Koschitzki (Altsaxophon, Flöte, Klarinette), Stefan Degner (Gitarre), Dirk Schade (Bass) und Jan-Philipp Wiesmann (Schlagzeug) nehmen die Möglichkeiten auf, die Chet Baker und Gerry Mulligan mit ihrem pianolosen Quartett eröffneten, wobei der versierten, jedoch bisweilen allzu brav klingenden Band mehr Biss ab und zu ganz gut täte. Insgesamt bilden Jazzcoast einen stets durchsichtigen, (manchmal zu) gefälligen und variablen Klangkörper. So entlocken sie der Musik der Großväter jede Menge jugendlichen Spaß fürs Heute. Vielversprechend!