Jasper van’t Hofs „HOTLIPS“ | 27.01.2006

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Ausgelassene Partystimmung zum Schluss, stehende Ovationen, spontanes Sessionfeeling, heiter, fröhlich, mit Witz und Lust und Freude: Jasper van’t Hofs „Hotlips“ fühlten sich sichtlich wohl in Neuburgs wichtigstem Keller. Atmosphäre und Akustik des Birdland Jazzclub begeisterten den niederländischen Pianisten und Keyboarder, der seit Jahrzehnten in die erste Riege der europäischen Spitzenjazzer gerechnet werden muss, derart, dass er noch lange nach dem eigentlichen Konzert den genius loci nutzen mochte.

Weit über das zweite Set hinaus begeisterte also Jasper van´t Hof mit der relativ jungen Formation „Hotlips“ die Besucher des Neuburger Birdland. Rasanter, quirliger Fusionjazz bescherte Musikern wie Publikum einen mehr als unterhaltsamen, überaus geistreichen und fröhlichen Abend. Jasper van´t Hof und seine Mitmusiker hörten ihre eigentlich immer im Zusammenhang mit elektronischen Geräuschen geplante Musik erstmalig „akustisch“, wie der Bandleader erklärte, der seine Keyboard-Batterie zugunsten des Bösendorfers radikal reduzierte. Begeistert vom Charme des kleinen Clubs und dessen herrlicher Akustik brachten die „heißen Lippen“ mit knackigem Groove, fetten Bläsersätzen und schneidigen Soli den Keller auf Touren. Nach zwanzig Jahren afrikanisch inspirierter Weltmusik mit „Pili Pili“ geht van’t Hof wieder einmal neue Wege durch den musikalischen Kosmos von Jazzrock und Jazz ins Land der Träume, ins Neverneverland, geheimnisvoll, sehnsuchtsvoll und verlockend, von betörend perlendem Reiz. Ganz bewusst stellen die Kompositionen die Bläser in den Vordergrund. Perfekt im Satz präsentieren sich geschmeidig Christian Kappe an der Trompete, schneidig Tony Lakaktos am Saxophon und kraftvoll funky Annie Whitehead an der Posaune. Alle drei verstehen es, ihre Soli in kreativer Reibung an den Kompositionen zu entzünden, zu entflammen und zu entwickeln, setzen Energie frei, die nie zum Selbstzweck wird, sondern immer ins Konzept eingebunden bleibt. Van’t Hof überrascht bei aller Melodiosität seiner Stücke immer wieder mit musikalischen Stolpersteinen, funky groovenden Rockelementen und phantasievollen solistischen Exkursen. Dass er dazu ein begnadeter Entertainer und dabei auch noch blendender Laune ist, gibt dem Abend genau den Kick, der aus einem hervorragenden Konzert auch noch einen äußerst erlebnisreichen Abend macht.