Drew Gress‘ 7 Black Butterflies | 16.01.2006

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Ein Einstieg wie weiland in Mintons Playhouse in der 108th Street in Harlem anno 1943, wo von einer handvoll eigenwilliger Musiker der Bebop erfunden wurde. Klassisches Quintett, Trompete, Saxophon, Bass, Piano, Schlagzeug, Unisono-Thema … erste Besonderheit: Das Einstiegssolo kommt vom Bass, Freiheit macht sich breit, öffnet die Struktur zu weit mehr als einem klassiszistischen Neo-Bop-Abend.

Drew Gress heißt der Tieftonzupfer, der das Quintett unter dem Namen „7 Black Butterflies“ zusammengestellt hat, um dem traditionellen Format Gegenwärtiges zu entlocken, modernen Jazz der Spitzenklasse von allerhöchsten Nährwert. Als da auf der Bühne stehen: Ralph Alessi an der Trompete mit heißer Attacke, hochmelodiösem Fluss und leisen Melancholien, Tim Berne, der die Intensität eines John Coltrane aufs Altsaxophon überträgt, aber auch so verhalten spielen kann, dass das Horn wie eine Flöte klingt, Craig Taborn am Piano mit klangfülligem Eigensinn und genialem Touch und Tom Rainey mit konstruktiv differenziertem Groove, ein echtes Ass am Schlagzeug.

Hintendrin und nur optisch fast versteckt steht der Boss von der Gang, Drew Gress, einer jener Bassisten, die sich schon lange nicht mehr mit der Rolle des musikalischen Gerüstbauers zufrieden geben. Zu Recht! Gress ist ein Komponist von überlegter Raffinesse, umsichtig, klar, strukturiert, gleichzeitig funky, straight und von vielgestaltiger spontaner Phantasie: „Bright Idea“ zwischen Jazz, Avantgarde und Neuer Musik. Herrlich sein Ehestück „That Heavenly Hell“ mit all den dialektischen Unwägbarkeiten, die das Zusammenleben von Mann und Frau so mit sich bringt. Der Bassist Gress lässt als Solist die Schwerfälligkeit des Kontrabasses schier vergessen, hält als Spielführer die Stücke und die Band zusammen, lässt gemeinsam mit seinem Alter Ego Tom Rainey die Energieströme förmlich ineinander fließen, ist stets präsent mit rasanten Dribbling in der Tiefe des Raums. Aus der kommen bekanntlich die genialen Spielzüge, auch wenn Drew Gress sich eher als Fan von „low budget car-races“ outet.