Jasper van’t Hof Quartet | 12.11.2021

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Mit dem Rücken zum Publikum wie weiland Miles Davis präsentierte sich Jasper van‘t Hof im Neuburger Birdland. Nicht allerdings, weil ihm die Menschen im Jazzkeller nichts bedeuten würden, sondern zugunsten der Konzentration und Interaktion innerhalb der Band, wohl auch um nicht als Star mit Begleitung, sondern als Teil einer Band zu musizieren. Jasper van‘t Hof könnte sich mit seinen 74 Jahren auf wohlverdienten Lorbeeren ausruhen, die er sich als Fusion- und Weltmusik-Pionier, auch als lupenreiner Jazzer in Jahrzehnten erworben hat.

Der Trendsetter des europäischen Jazz geht hingegen beim 11. Birdland Radio Jazz Festival volles Risiko, ohne Netz und doppelten Boden. Gemeinsam mit drei jüngeren, hochmotivierten Kollegen taucht er strudelnd, sprudelnd, quirlig ins Abenteuer. Seine phantasievoll kreative Souveränität am Flügel – die Keyboards hat er wohlweislich daheim gelassen – erlaubt ihm schier waghalsige Läufe über die 88 Tasten des clubeigenen Bösendorfers. Die Band lässt sich von Beginn an mitreißen. Paul Heller mit bissig volltönigem Tenorsaxophon, Stefan Lievestro mit agil wendigem Bass und Bodek Janke mit kantig kraftvollem Schlagzeug halten das Energielevel ihrerseits stets auf schwindelnden Höhen.
Markant, temperamentvoll und immer auf schmalem Grat bewegt sich diese Band, zu Beginn erst mal im Uptempo. Jasper van‘t Hof brillert mit dem ihm eigenen, jederzeit erkennbaren, glasklaren Anschlag, dessen Entschlossenheit so viel darüber aussagt, welch hohen Stellenwert Konsequenz im Leben dieses Ausnahmemusikers hat.

»However« z.B. lässt seine Wurzeln in den jazzrockigen Siebzigern fast vergessen, so lebendig atmet es den Geist der Freiheit. Nicht zuletzt auch in Charlie Marianos »Lazy Day« vermengen sich jazzige und rockige Elemente, flinke Beweglichkeit und starke rhythmische Impulse zu einem starken Statement der Gegenwart. Auch in den ruhigen Momenten von z.B. »Dry Four« bleibt van‘t Hof der Klarheit treu und lässt den Flügel förmlich vibrieren vor Energie. Das ist Musik, die nicht von ihrer eigenen Legende lebt, sondern im Spirit von starken Themen, kernigen Improvisationen, Groove und Power die Herzen auch im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhundert höher schlagen lässt.

Das 11. Birdland Radio Jazz Festival bietet noch einige Gelegenheiten, aktuellen Jazz hautnah mitzuerleben, bevor die Konzerte dann im Bayerischen Rundfunk zu hören sind: am 18.11. hat das Trio der Pianistin Anke Helfrich den Posaunisten Adrian Mears zu Gast, am 19.11. erfreut das Quartett der französischen Bandeonistin Louise Jallu mit ihrer aktuellen Version des Tango und am 20.11. wird in der das Festival abschließenden „radioJazznacht extra“ die junge deutsche Nachwuchsformation des Saxofonisten Timo Vollbrecht die Schnittstelle von komponierter und improvisierter Musik ausloten.