Jasper van’t Hof Quartet | 12.11.2021

Donaukurier | Karl Leitner
 

Seit Jasper van’t Hof Musik macht – und das tut er seit einem halben Jahrhundert – wird es spannend, bekommt man es mit Dingen zu tun, die man so nicht erwartet. Er war zeitlebens mehr Tastenspezialist denn Pianist, trat mit umfangreichem Equipment inklusive Synthesizer, Soundmaschinen und Computern auf, spielte Jazzrock und Fusion ebenso wie Free Jazz und wurde früh bekannt als Drahtzieher hinter Bands wie Association P.C., Pork Pie und Pili Pili. Irgendwie machte er so etwas ähnliches in Europa wie Joe Zawinul in den USA, nur war er damit nicht so erfolgreich wie jener.

Nun ist er zum akustischen Piano zurückgekehrt, zu seinen Wurzeln, zur Wurzel jeglichen Keyboards. Das heißt jedoch nicht, dass der Paradiesvogel aus dem niederländischen Enschede nun mit 74 Jahren nun plötzlich bodenständig geworden wäre. Bei seinem Auftritt im Birdland und mit seinem Spiel auf dem Bösendorfer-Flügel sucht er nach wie vor das Risiko, probiert sich aus, spielt neue und testet alte Stücke auf ihre Klangtauglichkeit abseits elektronischer Hilfsmittel. Routine ist ihm fremd, eingeschliffene Rituale mag er gar nicht, freut sich hingegen diebisch, wenn ihm ein unerwartetes Kabinettstückchen gelingt. Freilich, auch über einem wie ihm, der ständig neue Herausforderungen sucht, kreist die eigene musikalische Vita, auch einer wie er wechselt nicht mit dem Genre automatisch die Handschrift gleich mit.

Und so merkt man seinen Kompositionen ihre ursprüngliche Heimat im Fusion-Bereich deutlich an. Wenn man die Art der Melodieführung und die rhythmische Ausgestaltung genauer verfolgt, kann man Van’t Hofs einstige Vergangenheit und die Spuren des Jazzrock erkennen, auch wenn heute keine E-Gitarren, Moogs und Slap-Bässe mehr zum Einsatz kommen. Dennoch: Von Anfang an herrscht mächtig Betrieb im Birdland-Gewölbe, die Band spielt sehr extrovertiert, Zurückhaltung ist nicht ihr Ding. Van’t Hof und Stefan Lievestro am Kontrabass haben eine Ader dafür, welcher Sound in diesem Ambiente angemessen ist, Paul Heller am Tenorsaxofon und Bodek Janke am Schlagzeug haben dies weniger. Ersterer, den man eigentlich anders in Erinnerung hatte, gibt sich seltsam überdreht, und der Drummer meint, immer dann, wenn ein Solo eines Kollegen an Intensität zunimmt, müsse auch er das Geschehen mit besonders kräftigen Schlägen auf Trommeln und Becken untermalen. Wobei statt „untermalen“ die Vokabel „zuknüppeln“ eigentlich passender wäre. Der Mann spielt technisch auf sehr hohem Niveau, das ist offensichtlich, aber er scheint wenig Gespür für den Raum und seine Akustik zu haben, was schade ist und die Freude beim Zuhören trübt.

Blendet man dies aus, was zugegeben schwer fällt, bleiben freilich Stücke wie „As Well“, das zu Ehren des Schriftstellers Graham Greene verfasste „Quiet American“ oder „Lazy Day“, das Van’t Hof seinem langjährigen Weggefährten Charlie Mariano gewidmet hat, Kompositionen, die es mehr als verdient haben, an diesem Abend für das Birdland Radio Jazz Festival mitgeschnitten zu werden.