Jason Seizer – Marc Copland Quartet | 19.03.2004

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Kaum trauten sich die ZuhörerInnen im Keller unter den Hofapotheke nach den zahlreichen hochkarätigen Soli zum sonst üblichen Zwischenapplaus. Zu groß schien die Angst, die Intensität und Feinmaschigkeit des Interaktionsgeflechts auf der Bühne zu stören. Mit dem New Yorker Pianisten Marc Copland, dem Münchener Saxophonisten Jason Seizer und ihrer Rhythmuscrew Henning Sieverts, Bass, sowie Jochen Rückert, Schlagzeug, haben sich vier Gleichgesinnte gefunden, denen die Verständigung musikalischer Essenz in fast traumwandlerisch sicherem Miteinander gelingt.

Die Chemie stimmt einfach, macht aus vier Musikern eine Band, aus einem Konzert, das formal oftmals nach dem guten alten Thema-Solo-Prinzip funktioniert, ein entrückendes Ereignis unglaublich dichter musikalischer Kommunikation. Marc Copland und Jason Seizer, der New Yorker Pianist und der Saxophonspieler aus der Weltstadt mit Herz, tragen beide zu gleichen Teilen Kompositionen bei, auf deren Basis sich eine kammermusikalische Sternstunde ereignet, aufmerksam, in idealer Balance von Präsenz und Zurückhaltung, einander tragend und inspirierend und von ebenso frappanter Folgerichtigkeit wie die berühmte Endlostreppe von M.C. Escher, die im Karree immer nur aufwärts führt. Jason Seizers Ton ist von schlanker wie sanfter Entschiedenheit, seine Linien sind klar, überlegt und von sonorer Reife. Marc Coplands Piano schwebt zwischen spätromantischer und impressionistischer Ausdruckskraft, fächert jedes Stück von der Mitte her auf in feinsten Facetten, deren noch kleinste Details bewusst gestaltet sind. Henning Sieverts spielt weit mehr als nur den Stabilisator im Hintergrund, sein Bass bereichert den Fluss des Geschehens um etliche nuancierte Töne aus der Tiefe des Raumes, während Jochen Rückerts filigran austariertes Drumming stets aufmerksam ausbalancierte rhythmische und melodische Brücken baut. Die Bandbreite der Metamorphosen des außergewöhnlich hellhörigen Quartetts reicht vom bebop-orientierten „Whirlwind“ zur cool reflektierten „Sweet Sorrow“, von „Skippin‘ Around“ zur „Serendipity“ – letztere meint die wache Aufmerksamkeit, die offen ist für die Entdeckungen des märchenhaft Unerwarteten. Ganz zum Schluss: „Kuanda“, eine Nocturne, zart wie chinesisches Porzellan und von der beseelten Schönheit eines Wiegenlieds.