Jason Moran And The Bandwagon | 10.01.2003

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Im Null-Komma-Nichts hinweggefegt waren die Entzugserscheinungen der Jazz-Fans nach dreiwöchiger Winterpause. Mit Jason Moran And The Bandwaggon gastierte ein Trio im Neuburger Birdland, das sich im Spagat zwischen Tradition und Innovation einen bemerkenswerten eigenen Weg ebnete.

Einsatz mit einem Radio-Sampling: „Listen! Listen!“, und schon geht’s los, das Spiel mit den Elementen, Versatzstücken und Ideen: „You’ve got to be modernistic“. Sprengsel aus allen Jahrzehnten der Jazzgeschichte, zumindest seit den 30ern, missing links zwischen Stride, Bebop, Free und heute, durchaus nicht nur für Hartgesottene. Power, Dynamik und urban stress, die stade Zeit ist definitiv vorbei, ab geht’s durch die Mitte, wo immer solche sei. Da lässt Taurus Mateen an der akustischen Bassgitarre ein Solo los in rastlos gehetzter Bewegung, aufgenommen von Nasheet Waits am Schlagzeug in tänzelnder Hektik – Spiegel unserer Zeit, Soundtrack zu einem surrealistischen Stummfilm, dem die Lichter der Stadt nur Getriebe bedeuten. Nein, ganz ohne Besinnung und Atempause geht es dann auch wieder nicht, Jason Moran besinnt sich alsbald auch der Notwendigkeit des Wegs nach innen, verharrt ein Weilchen im Schatten der blauen Blume der Romantik, bevor er wieder los legt zur Tour de Force über die Tastatur des Bösendorfers. Da wird Duke Ellingtons „Kinda Dukish“ zur Beschwörungsformel einer Götterdämmerung der Moderne. Da nehmen die Drei vom Bandwogon die Gesprächsmelodie eines vom Band eingespielten Telefongesprächs auf, spielen sie förmlich mit, umgarnen sie, schälen aus dem gesprochenen Wort ein Thema heraus, machen aus einem alltäglichen Call ein Stück Musik, dicht und bestechend. Dann wieder gibt’s astreines Stridepiano, damit wir wissen, wo wir herkommern, ein paar Takte lang wenigstens, bevor der Strudel sich weiter dreht. Was Jason Moran zusammenbraut mit seinen beiden Kombattanten verbindet Funk und Free, Rhythmus und Romantik, Monk und M-Base, Anmut und Action, ein Wechselbad der Gefühle, an dessen Ende die Gewissheit steht, dass hier die Tür zu etwas Neuem wieder ein Stück weit weiter aufgegangen ist.